Helmichs Biologie-Lexikon

Ribosomen

Ribosomen sind die "Proteinfabriken" der Zelle. Im Lichtmikroskop sind Ribosomen gar nicht zu erkennen, im Elektronenmikroskop erscheinen sie als kleine Pünktchen, so winzig sind sie. Und doch sind sie extrem wichtig, denn an den Ribosomen wird die in der DNA gespeicherte genetische Information in Proteine übersetzt (Proteinbiosynthese, Translation). Diese Proteine wiederum erfüllen als Enzyme und Strukturproteine wichtige Aufgaben in der Zelle. Zellen, die viele Proteine herstellen, haben auch eine entsprechend hohe Anzahl an Ribosomen.

Translation

Die Aufgabe der Ribosomen ist die Translation, also die Übersetzung der mRNA in Peptide bzw. Proteine mit Hilfe von tRNAs, Energie und speziellen Enzymen. Auf dieser Seite der Genetik-Abteilung erfahren Sie alles Wesentliche über die Translation.

Aufbau und Vorkommen

Allgemeines

Ribosomen bestehen aus zwei Untereinheiten, die auch einzeln im Cytoplasma vorkommen können. Erst kurz nach dem Beginn der Translation, wenn die Elogationsphase beginnt, setzen sich je eine große Untereinheit und eine kleine Untereinheit zu einem vollständigen Ribosom zusammen. Wenn die Translation beendet ist, trennen sich die beiden Untereinheiten wieder voneinander und können sich an das nächste mRNA-Molekül setzen.

Prokaryoten besitzen kleinere Ribosomen als die Eukaryoten. Bei einer Dichtegradientenzentrifugation mit Magnesiumsalzen sedimentieren die prokaryotischen Ribosomen bei der 70S-Markierung, während eukaryotische Ribosomen etwas schwerer sind und erst bei der 80S-Markierung eine Bande bilden. Daher bezeichnet man die prokaryotischen Ribosomen als 70S-Ribosomen, die eukaryotischen als 80S-Ribosomen.

Die Mitochondrien und die Chloroplasten der Eukaryoten enthalten ebenfalls Ribosomen, und zwar den 70S-Typ, der den Ribosomen der Prokaryoten stark ähnelt. Nach der Endosymbiontentheorie sind Mitochondrien und Chloroplasten ehemalige Prokaryoten, die von einem größeren Prokaryoten per Phagocytose aufgenommen worden sind. So sind dann die "Ur-Eukaryoten" entstanden.

Das Escherichia coli - Ribosom
Vossman, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Prokaryoten

Bei Prokaryoten besteht die kleine Untereinheit (30S) aus einem rRNA-Molekül (16S-rRNA) und aus 21 verschiedenen Proteinen. Die große Untereinheit (50S) besteht aus zwei rRNA-Molekülen (23S-rRNA und 5S-rRNA) und 31 Proteinen.

Die 16S-rRNA besitzt übrigens eine Sequenz, die komplementär zu der Ribosomen-Erkennungssequenz der prokaryotischen mRNA ist. Dies ist wichtig für die Initiation der Translation, für die Bindung der kleinen Ribosomen-Untereinheit an die mRNA.

Eukaryoten

Die Ribosomen der Eukaryoten sind größer als die der Prokaryoten. Die kleine Untereinheit (40S) der Eukaryoten-Ribosomen besteht aus einem rRNA-Molekül (18S-rRNA) und 33 Proteinen, während die große Untereinheit (60S) aus drei rRNA-Molekülen (28S-, 5,8S- und 5S-rRNA) und 49 Proteinen besteht.

Bei Eukaryoten unterscheidet man freie und membrangebundene Ribosomen. Ein Teil der Ribosomen befindet sich - ähnlich wie bei Prokaryoten - frei im Zellplasma. Ein anderer Teil der Ribosomen ist an die Membran des Endoplasmatischen Reticulums bzw. der Kernhülle gebunden.

Antibiotika

Pro- und eukaryotische Ribosomen unterscheiden sich nicht nur in ihrem Aufbau bzw. ihrer Zusammensetzung, sondern auch der Weise, wie sie die Translation durchführen. Sonst wäre es wohl nicht erklärbar, wieso manche Antibiotika wie Chloramphenicol, Streptomycin und andere nur die Translation an prokaryotischen 70S-Ribosomen blockieren, nicht aber die Translation an eukaryotischen 80S-Ribosomen. Umgekehrt hemmt Cycloheximid nur die 80S-Ribosomen, nicht aber die 70S-Ribosomen [4, S. 45].

Expertenteil: Genetik der eukaryotischen Ribosomen

Die rRNA-Moleküle

Die 18S, 5,8S und 18S-rRNA der eukaryotischen Ribosomen werden von der RNA-Polymerase I synthetisiert, die 5S-rRNA von der RNA-Polymerase III.

Die Gene für diese ribosomalen RNAs liegen auf verschiedenen Chromosomen verstreut, aber in sich stark wiederholenden Sequenzen. Betrachten wir dazu folgendes Bild:

Die Gene für ribosomale RNA und deren Prozessierung
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Die Gene für die 18S, die 5,8S- und die 28S-rRNA liegen hintereinander auf der DNA. Dieser Abschnitt wiederholt sich oft viele Male, teils bis über 100 mal. Die gelb markierten Teile der DNA zwischen den drei Genen werden zunächst mittranskribiert, der als ETS1 bezeichnete DNA-Abschnitt nicht, er trennt die Wiederholungseinheiten voneinander.

Bei der Transkription bildet sich eine 35S-prä-rRNA, die später prozessiert (in drei Stücke geschnitten) wird.

Die Gene für die 5S-rRNA liegen ganz woanders auf der DNA, aber auch in großen Wiederholungseinheiten, bei manchen Eukaryoten bis zu 400 mal. Bei einem Ciliaten finden sich sogar bis zu einer Million Kopien, während bei Rotalgen nur drei Kopien des Gens vorliegen können [2]. Die 5S-rRNA-Gene werden von der RNA-Polymerase III transkribiert und nicht weiter prozessiert.

Noch im Zellkern bildet sich aus der 35S-prä-rRNA, der 5S-rRNA, vielen ribosomalen Proteinen (die auch vorher synthetisiert werden müssen und deren Gene sich ebenfalls auf der DNA verteilt befinden) und einigen sogenannten Biogenesefaktoren das 90S-prä-Ribosom, quasi eine große Kugel aus rRNA und Proteinen.

Der ganze Vorgang wurde hier stark vereinfacht dargestellt. Wer es genauer wissen möchte, müsste die guten Bücher von Knippers [1] oder Graw [2] konsultieren oder den neuen Lehninger [3]. Die Informationen für die Abbildungen habe ich vorwiegend aus diesen Büchern gewonnen.

Betrachten wir nun das nächste Bild:

Bildung der eukaryotischen Ribosomen
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Sogenannte sno-RNAs und andere Faktoren "zerlegen" nun das 90S-prä-Ribosom in zwei prä-Untereinheiten, die schon als 40S- und 60S-prä-Untereinheiten bezeichnet werden. Noch im Zellkern lagern sich weitere ribosomale Proteine an die beiden Untereinheiten an, und dann werden die beiden Untereinheiten durch die Kernporen in das Cytoplasma transportiert. Die Kernporen sind gerade noch groß genug, um die große 60S-Untereinheit passieren zu lassen. Im Cytoplasma werden die beiden prä-Untereinheiten dann komplett fertiggestellt und können sich jetzt mit mRNA verbinden, um die Translationen von Genen zu starten.

Quellen:

  1. Alfred Nordheim, Rolf Knippers: Molekulare Genetik, 11. Auflage, Thieme-Verlag Stuttgart 2018.
  2. Jochen Graw: Genetik, 7. Auflage, Springer Spektrum, Berlin 2021.
  3. Nelson, Cox: LEHNINGER Principles of Biochemistry. Macmillan Learning, New York 2021.
  4. Kadereit , Körner, Nick, Sonnewald: Strasburger - Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften, 38. Auflage, Springer Berlin Heidelberg 2021.