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Ionenflüsse an der postsynaptischen Membran

Vertiefende Betrachtungen

Die Na+-Kanäle der postsynaptischen Membran sind meistens so gebaut, dass auch K+-Ionen durch sie hindurch passen. Man müsste eigentlich von Na+/K+-Kanälen sprechen. Nur fließen normalerweise keine K+-Ionen durch diese Kanäle. Dies hat vorwiegend elektrochemische Gründe, die ich hier kurz erklären möchte.

Welche Ionen wie stark in welche Richtung fließen, hängt von genau zwei Faktoren ab:

  1. Konzentrationsgradient (chemisches Potenzial der Ionen)
  2. Membranspannung (elektrisches Potenzial)

Bei Nervenzellen haben wir einen starken Na+-Gradienten von außen nach innen und einen starken K+-Gradienten von innen nach außen. Wenn sich jetzt Kanäle öffnen, durch die beide Ionensorten hindurchpassen, so müssten Na+-Ionen in die Zelle hinein strömen, K+-Ionen dagegen aus der Zelle heraus.

Warum kann man beim Öffnen der transmittergesteuerten Na+/K+-Kanäle der postsynaptischen Membran aber fast ausschließlich einen Na+-Einstrom beobachten?

Ganz einfach: Wir haben das elektrische Potenzial noch nicht berücksichtig, das an der postsynaptischen Membran herrscht.

Diesen Fehler machen übrigens viele Schüler(innen), wenn ihnen eine entsprechende Frage in einer Klausur oder mündlichen Prüfung begegnet. Sie denken nur an die Konzentrationsunterschiede, beachten aber nicht, dass auch die Membranspannung eine entscheidende Rolle spielt.

Machen wir uns den Einfluss der Membranspannung auf den Na+-Einstrom bzw. den K+-Ausstrom einmal klar. Der Einfachheit halber wollen wir dabei nur zwischen drei verschiedenen Situtationen unterscheiden:

Situation bei -70 mV

  • Na+-Potenzial: Sehr groß, von außen nach innen gerichtet
  • K+-Potenzial: Sehr groß, von innen nach außen gerichtet
  • Elektrisches Potenzial: Sehr groß, nach innen gerichtet
Ergebnis:
  • Na+-Ionen strömen in die Zelle ein, getrieben vom Na+-Potenzial und vom elektrischen Potenzial, das positive Ionen nach innen zieht.
  • K+-Ionen strömen kaum aus der Zelle aus. Das K+-Potenzial, das die Ionen nach außen treibt, wird vom elektrischen Potenzial, das die Ionen nach innen zieht, stark ausgebremst.

Der Na+-Einstrom ist viel stärker der K+-Ausstrom.

Situation bei -30 mV

  • Na+-Potenzial: Sehr groß, von außen nach innen gerichtet
  • K+-Potenzial: Sehr groß, von innen nach außen gerichtet
  • Elektrisches Potenzial: Schwach, nach innen gerichtet
Ergebnis:
  • Na+-Ionen strömen in die Zelle ein, getrieben vom Na+-Potenzial und vom elektrischen Potenzial. Allerdings ist der Na+-Einstrom etwas schwächer als bei -70 mV, da das elektrische Potenzial, das die Ionen nach innen zieht, kleiner geworden ist.
  • K+-Ionen strömen merklich aus der Zelle aus, das K+-Potenzial, das die Ionen nach außen treibt, wird vom elektrischen Potenzial nicht mehr so stark ausgebremst wie bei -70 mV.

Der Na+-Einstrom ist etwas stärker der K+-Ausstrom.

Situation bei 0 mV

  • Na+-Potenzial: Sehr groß, von außen nach innen gerichtet
  • K+-Potenzial: Sehr groß, von innen nach außen gerichtet
  • Elektrisches Potenzial: Nicht vorhanden!
Ergebnis:
  • Na+-Ionen strömen in die Zelle ein, getrieben vom Na+-Potenzial. Allerdings ist der Na+-Einstrom deutlich schwächer als bei -70 mV, da das elektrische Potenzial, das die Ionen nach innen zieht, nicht mehr vorhanden ist.
  • K+-Ionen strömen aus der Zelle aus, das K+-Potenzial, das die Ionen nach außen treibt, wird vom elektrischen Potenzial nicht mehr ausgebremst.

Der Na+-Einstrom müsste ungefähr genau so groß sein wie der K+-Ausstrom.

Situation bei +20 mV

  • Na+-Potenzial: Sehr groß, von außen nach innen gerichtet
  • K+-Potenzial: Sehr groß, von innen nach außen gerichtet
  • Elektrisches Potenzial: Schwach, nach außen gerichtet (außen ist es jetzt negativ!)
Ergebnis:
  • Na+-Ionen strömen nicht mehr so stark in die Zelle ein. Sie werden zwar getrieben vom Na+-Potenzial. Aber das elektrische Potenzial ist jetzt dem Einstrom positiver Ladungen entgegengerichtet, weil die Membran auf der Innenseite positiv geladen ist.
  • K+-Ionen strömen massiv aus der Zelle aus, das K+-Potenzial, das die Ionen nach außen treibt, wird vom elektrischen Potenzial verstärkt.

Der Na+-Einstrom ist deutlich schwächer als der K+-Ausstrom.

Wenn sich die ligandengesteuerten Kanäle öffnen, diffundieren zwar Na+- und K+-Ionen durch die Membran und verändern das Membranpotenzial (teils erheblich), aber die chemischen Na+- und K+-Potenziale ändern sich dadurch nicht.

Es diffundiert nämlich immer nur ein extrem winziger Teil (ca. 0,00001%) der Ionen durch die Membran; das reicht aber schon aus, um das Membranpotenzial stark zu verändern [1, S. 72].

Quellen, die über allgemeines Schulbuchwissen hinausgehen:

  1. Bear, Connors, Paradiso: Neurowissenschaften, Springer-Verlag 2018