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Die Atmungskette

ATP-Synthese - Protonentransport - Elektronentransport

Aktiver und passiver Transport

Aktiver Transport

Zum Verständnis der Atmungskette sollte man sich noch einmal klar machen, wie eigentlich der aktive Transport funktioniert. Beim aktiven Transport werden Stoffe gegen ein bestehendes Konzentrationsgefälle "bergauf" transportiert. Das kostet Energie, die normalerweise durch die Spaltung von ATP in ADP und Pi erzeugt wird.

Aktiver Transport unter Verbrauch von ATP
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Hier sehen wir einen solchen aktiven Transport. Glucose-Moleküle werden gegen ein bestehendes Konzentrationsgefälle durch die Membran transportiert.

Umkehrung eines aktiven Transports

Was passiert nun, wenn ein aktiver Transportvorgang umgekehrt wird? Wenn also Stoffe in Richtung des Konzentrationsgefälles transportiert werden?

Passiver Transport unter Bildung von ATP
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Dann wird nicht nur kein ATP benötigt, da es sich ja um einen passiven Transport handelt, sondern es kann sogar ATP erzeugt werden, aus ADP/Pi. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Teilchen, wenn sie bergab diffundieren, durch ein bestimmtes Membranprotein strömen, eine sogenannte ATP-Synthase.

Synthasen dürfen übrigens nicht mit Synthetasen verwechselt werden. Beide Enzymklassen synthetisieren etwas, aber eine Synthase benötigt dazu kein ATP, eine Synthetase dagegen schon. Das Protein in Abbildung 2 benötigt kein ATP, sondern synthetisiert im Gegenteil sogar welches, daher ist die Bezeichnung ATP-Synthase korrekt.

Ein Analogbeispiel: Wenn man Wasser den Berg hinauf transportieren will, braucht man eine Pumpe, die durch Windkraft, Dampf oder Strom angetrieben wird. Strömt Wasser dagegen einen Berg herab, kann man damit ein Mühlrad oder einen Stromgenerator betreiben, also Energie "erzeugen".

Natürlich ist aus dem Physik-Unterricht klar, dass niemals Energie "erzeugt" werden kann. Die Fachleute sprechen hier von Energiewandlung. Mechanische Energie wird in elektrische Energie umgewandelt oder umgekehrt.

Bei einem passiven Transport kann ATP aus ADP/Pierzeugt werden, wenn Teilchen mit dem Konzentrationsgefälle durch eine ATP-Synthase diffundieren. Ein Konzentrationsgefälle speichert ja Energie, die benutzt werden kann, um Transportarbeit zu leisten (wie bei einer normalen Diffusion) oder um chemische Arbeit zu leisten (wie bei der ATP-Synthese).

ATP-Synthese in den Mitochondrien

Im Grunde wissen wir also jetzt, wie ATP in den Mitochondrien erzeugt wird: Es müssen irgendwelche Teilchen durch eine ATP-Synthase diffundieren, und während dieses passiven Vorgangs wird ATP aus ADP/Pi erzeugt.

Diese Diffusion findet tatsächlich statt, und zwar an der inneren Mitochondrien-Membran. Im Innern des Mitochondriums befinden sich wenige Protonen, und im Außenraum des Mitochondriums, also auf der anderen Seite dieser Membran, herrscht eine hohe Protonenkonzentration. Wenn die Protonen nun durch ATP-Synthasen in Richtung des Protonengefälles in das Mitochondrium hinein diffundieren, wird für jeweils drei Protonen ein Molekül ATP erzeugt.

Ein Mitochondrium mit den beiden Membranen und den ATPasen

Aufbau eines Mitochondriums 
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

Im Wesentlichen besteht ein Mitochondrium aus einer äußeren Membran und einer stark gefalteten inneren Membran. Dazwischen befindet sich der Zwischenmembranraum. Die innere Membran umschließt die Matrix, diese Matrix besteht aus Cytoplasma und enthält eine ringförmige DNA und Ribosomen (ähnlich wie bei Prokaryoten).

In der Ausschnittvergrößerung (2.) sehen wir eine Ausstülpung der inneren Membran. Die roten Gebilde sind die ATP-Synthasen.

Die Ausschnittvergrößerung (3.) zeigt, wie Protonen in Richtung des Konzentrationsgefälles durch eine ATP-Synthase diffundieren. Bei diesem exothermen Prozess wird ATP erzeugt.

Bei der Atmungskette diffundieren Protonen passiv aus dem Zwischenmembranraum durch ATP-Synthasen in die Matrix des Mitochondriums und erzeugen dabei ATP. Für ein ATP-Molekül müssen drei Protonen diffundieren.

Ein kleiner Versuch

Mit einem einfachen Experiment kann man die eben aufgestellte Behauptung verifizieren: Man färbt ein Präparat mit Mitochondrien mit einem pH-sensitiven Farbstoff, einem sogenannten pH-Indikator. Im leicht sauren Bereich hat dieser Indikator eine rote Farbe, im leicht alkalischen Bereich eine grüne. Schaut man sich die so gefärbten Mitochondrien unter einem sehr guten Lichtmikroskop an, so kann man vielleicht folgendes Bild sehen:

Ein Mitochondrium mit den beiden Membranen und den ATPasen

Experiment mit einem Mitochondrium (Ausschnitt)
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

Zugegeben, ein so gutes Lichtmikroskop gibt es nicht, in dem man Mitochondrien so groß sieht wie in der Abbildung. Aber was tut man nicht alles, um Schülern und Studenten wissenschaftliche Zusammenhänge klar zu machen?

Wie man leicht sehen kann, ist der Zwischenmembranraum des Mitochondriums leicht sauer (pH = 6,9), während die Mitochondrien-Matrix leicht basisch ist (pH = 7,8).

Dies ist der Beweis dafür, dass in dem Zwischenmembranraum des Mitochondriums eine höhere Protonenkonzentration herrscht als in der Matrix.

Bei der Atmungskette diffundieren jeweils drei Protonen aus dem Zwischenmembranraum durch eine ATP-Synthase in die Mitochondrien-Matrix hinein, dabei wird je 1 ATP-Molekül erzeugt.

Irgendwann sind aber so viele Protonen in das Mitochondrium hinein diffundiert, dass sich ein Konzentrationsausgleich eingestellt hat; es findet dann keine Netto-Diffusion mehr statt. Dann kann auch kein ATP mehr erzeugt werden.

Das ist jetzt aber gar nicht gut für die Zelle. Wie die Zelle dieses Problem löst, werden Sie auf der nächsten Seite erfahren...