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Einnischung

Konkurrenzvermeidung durch Einnischung

Unter der ökologischen Einnischung versteht man einen evolutiven Prozess, bei dem sich eine Teilpopulation an neue Lebensbedingungen anpasst und dadurch der intraspezifischen Konkurrenz entgeht. Die Teilpopulation besiedelt eine neue bzw. eine andere ökologische Nische als die Hauptpopulation.

Diese Einnischung ist überhaupt die Voraussetzung dafür, dass verschiedene Tier- und Pflanzenarten das gleiche Biotop besiedeln können. Innerhalb der gleichen ökologische Nische würden sie sich Konkurrenz machen, und nur die konkurrenzstärkste Art würde das auf Dauer überleben (Konkurrenz-Ausschluss-Prinzip).

Methoden der Einnischung

Es gibt mehrere Methoden, mit denen sich Lebewesen einnischen können.

Verlegung der Hauptaktivität auf andere Tageszeiten

Ein schönes Beispiel sind die Greifvögel (Mäusebussard, Sperber etc.) und die Eulenvögel (Uhu, Waldkauz etc.). Beide Gruppen von Vögeln sind Beutejäger, ernähren sich also von lebenden Tieren wie Mäusen, Singvögeln und so weiter. Die Greifvögel jagen aber hauptsächlich tagsüber, während die Eulenvögel eher in der Dämmerung und Nachts jagen.

Dies ist übrigens ein gutes Beispiel für die Fehler, die man mit dem Begriff "Ökologische Nische" machen kann. Sowohl Greifvögel wie auch Eulenvögel leben im gleichen Lebensraum und fressen die gleiche Nahrung. Man könnte jetzt leicht auf den Gedanken kommen, zu sagen, dass beide Gruppen von Vögeln die gleiche Planstelle oder ökologische Nische besetzen. Das stimmt aber nicht. Die Ökologische Nische ist das Präferendum einer Art im n-dimensionalen Raum der Umweltfaktoren. Eine dieser vielen Koordinatenachsen, welche die Umweltfaktoren repräsentieren, ist die Tageszeit, in der gejagt wird. Und auf dieser Achse liegen die Vorzugsbereiche der beiden Vogelgruppen weit auseinander. Also unterscheiden sich die n-dimensionalen Präferenzbereiche in mindestens einer Dimension, und damit handelt es sich um unterschiedliche ökologische Nischen.

Unterschiedliche Temperaturvorlieben

Der Linder führt hier als Beispiel zwei wasserlebende Plattwurmarten auf: Planaria alpina bevorzugt kühle Gewässer wie zum Beispiel Gebirgsbäche, während Planaria gonocephala in etwas wärmerem Wasser lebt.

Unterschiedliche Fortpflanzungszeiten

Wenn sich eine Teilpopulation nur noch nachts fortpflanzt, während die Hauptpopulation sich tagsüber paart, kommt es zu einer genetischen Isolation der beiden Populationen, der Genfluss wird unterbrochen. Beide Populationen können sich jetzt unabhängig voneinander entwickeln und dabei auch auseinander entwickeln, so dass schließlich der Eindruck entsteht, als hätten sie sich an verschiedene ökologische Nischen angepasst.

Umgekehrt kann das Einhalten unterschiedlicher Fortpflanzungszeiten auch die Folge einer ökologischen Einnischung sein. In der alten Nische konnte man den Nachwuchs vielleicht am besten im März groß ziehen, in der neuen ökologischen Nische eher im Mai. Logisch, dass sich dann auch die Paarungszeiten der beiden Populationen auseinander entwickeln.

Unterschiedliche Orte des Nahrungserwerbs

Berühmtes Beispiel sind Wasservögel, die an / in einem See leben. In der Tat kann man sich dadurch einnischen, dass man die Insekten nicht mehr - wie der Rest der Population - auf der Wasseroberfläche sucht, sondern auf dem Boden des flachen Gewässers. Klar, dass man dafür sein Verhalten ändern muss - wasserscheue Vögel haben hier keine Chance (Präadaption; die Fähigkeit und Bereitschaft, sein Verhalten entsprechend zu ändern).

Ein anderes bekanntes Beispiel sind Kohlmeise und Blaumeise. Während die Kohlmeise (sie ist schwerer als die Blaumeise) vorwiegend auf dem Boden nach Nahrung sucht oder auf kräftigen Ästen, hält sich die leichtere Blaumeise auf den dünnen Ästen und den Astspitzen auf und sucht dort nach Nahrung.

Unterschiedliche Nahrung

Auch eine Möglichkeit der Einnischung. Während die Hauptpopulation weiterhin mittelgroße Insekten frisst, nehmen einige Individuen mit kleineren Insekten vorlieb. Oder einige Tiere wagen sich an die richtig großen Insekten heran, die zwar wesentlich mehr Nährstoffe enthalten als die mittelgroßen, sich aber auch besser wehren können. Auch hier ist eine Verhaltensänderung Voraussetzung für die Einnischung. Und die Verhaltensänderung bringt nur dann Erfolg, wenn die Tiere überhaupt physisch in der Lage sind, die großen Insekten zu erbeuten und zu fressen. Es müssen also zunächst bestimmte genetische Voraussetzungen erfüllt sein. Auch hier gilt wieder das Prinzip der Präadaption (genetische Voraussetzungen ermöglichen Verhaltensänderungen, die dann zur Einnischung führen).