Helmichs Biologie-Lexikon

Lysosomen

Lysosomen sind kleine, ca. 1 µm große, von einer einfachen Membran umhüllte Bläschen, die mit hydrolytischen Verdauungsenzymen (Hydrolasen) gefüllt sind. Das Innenmedium eines Lysosoms hat einen recht niedrigen pH-Wert, der im Bereich zwischen 4,5 und 5 liegt [1,2]. Lysosomen kommen nur in Tierzellen vor, nicht aber in Pflanzenzellen. Stattdessen gibt es in Pflanzenzellen die große Zentralsaftvakuole, welche die Aufgaben der Lysosomen teilweise übernimmt [3].

Die Hydrolasen werden von den Ribosomen am rauen ER hergestellt und gelangen zunächst in den Innenraum des ER, wo sie weiterverarbeitet werden. Dann werden sie in ER-Vesikel verpackt und zur cis-Seite der Dictyosomen (Golgi-Apparat) transportiert. Im Golgi-Apparat werden die Enzyme weiter modifiziert. Sind sie auf der trans-Seite des jeweiligen Dictyosoms angekommen, werden die Verdauungsenzyme in Golgi-Vesikel verpackt und als primäre Lysosomen abgeschnürt [1,2].

Golgi-Apparat

Auf dieser Lexikon-Seite erfahren Sie mehr über den Golgi-Apparat.

Die Zelle nimmt durch Phagocytose kleinere Lebewesen oder Teile von Lebewesen auf. Die Nahrungsvakuolen, die auf diese Weise entstehen, sind ebenfalls von einer einfachen Biomembran umschlossen.

Beschreibung siehe folgenden Text

Phagocytose und Lysosomen
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende

Im Zellplasma verschmelzen diese Nahrungsvakuolen oder Phagosomen dann mit den primären Lysosomen zu sogenannten sekundären Lysosomenoder Phagolysosomen. Hier findet jetzt die eigentliche Verdauung statt. Proteine weden in Aminosäuren zerlegt, Lipide in Glycerin und Fettsäuren und so weiter [1,2].

Diese kleinen Moleküle passieren jetzt die Membran der Lysosomen und gelangen in das Cytoplasma, wo sie weitere Verwendung finden. Wenn das sekundäre Lysosom seine Verdauungsarbeit beendet hat, verschmilzt es mit der Zellmembran. Die noch unverdauten Reste gelangen dabei ins Außenmedium der Zelle [3].

Einen solchen Vorgang kennt jeder Schüler und jede Schülerin aus dem Biologie-Unterricht. Sicher hat Ihr Lehrer schon mal eine Skizze an die Tafel gezeichnet, wie eine Amöbe ein Bakterium phagocytiert. Viele Einzeller ernähren sich ausschließlich durch eine solche Phagocytose, bei der die Nahrungsvakuolen dann mit den Lysosomen verschmelzen.

Aber auch bei Säugetieren und natürlich auch beim Menschen sind solche Prozesse geläufig. Denken Sie nur an die Makrophagen, also an die großen amöbenartigen Zellen des Immunsystems, die auf die gleiche Weise wie die Amöben eingedrungene Fremdkörper "verschlingen" und unschädlich machen.

Membranfluss in der Zelle

Auf dieser Seite wird der Membranfluss innerhalb der Zelle noch einmal sehr ausführlich erläutert.

Autophagie und Apoptose

In den primären und sekundären Lysosomen herrscht ein recht saures Milieu (pH < 5). Die hohe Protonenkonzentration in den Lysosomen ist auf Protonenpumpen zurückzuführen, die in der Membran der Lysosomen sitzen und unter ATP-Verbrauch ständig Protonen in das Lysosom hineinpumpen [3].

Platzt ein Lysosom aus Versehen, so können die entweichende Säure und die entweichenden Verdauungsenzyme Schaden in der Zelle anrichten. Wenn nur ein oder zwei Lysosomen platzen, ist das aber nicht so gravierend, weil das Cytoplasma sehr viel mehr Volumen einnimmt als die ätzende Flüssigkeit in den Lysosomen, die quasi durch das Plasma verdünnt wirdt [1,2].

Autophagie

Oft verschmelzen Lysosomen aber auch mit zelleigenen Organellen oder anderen Bestandteilen, um diese gezielt zu zerstören und zu entsorgen. Diesen Vorgang bezeichnet man als Autophagie ("Selbstfressen", wörtlich übersetzt).

Die Autophagie ist ein wichtiger Vorgang, der in fast allen Zellen abläuft. Ist dieser Prozess aus irgend einem Grund gestört, kann das beim Menschen schwerwiegende Folgen haben. Die Tay-Sachs-Krankheit, eine "angeborene schwerste Intelligenzminderung mit Erblindung" [4], die schon in der frühen Kindheit auftritt, beruht auf einer solchen gestörten Autophagie. Hier werden bestimmte Membranlipide (Ganglioside) in den Gehirnzellen nicht abgebaut, weil das Enzym Hexosaminidase A, das von den Lysosomen angeliefert wird, fehlt.

Apoptose

Es gibt allerdings bei vielen Zellen einen "geplanten Selbstmord", bei dem zielgerichtet viele Lysosomen produziert werden, die sich dann im Cytoplasma öffnen und zum Absterben der Zelle führen. Bei der Umgestaltung von Geweben, zum Beispiel bei der Metamorphose von Insekten (wenn also beispielsweise aus einer Raupe ein Schmetterling wird oder wenn eine Kaulquappe ihren Schwanz verliert), spielt diese Apoptose (freiwilliger Zelltod) eine wichtige Rolle.

Auch bei der Entwicklung des Menschen kommen solche gravierenden Umwandlungen von Geweben vor. Beispielsweise hat ein menschlicher Fetus vor der Geburt eine Art Schwimmhaut zwischen den Fingern. Bis zur Geburt werden diese Gewebe aber wieder abgebaut. Auch bei Zellen, die leicht zu Krebszellen mutieren können, findet häufig eine Apoptose statt. Unsere Hautzellen beispielsweise sind in hohem Maße Strahlung und anderen Belastungen ausgesetzt. Sie werden innerhalb weniger Tag durch neue Zellen ersetzt. Die alten Zellen werden durch Apoptose abgebaut.

Quellen:

  1. Alberts, Bruce et al. Molekularbiologie der Zelle, 6. Auflage, Weinheim 2017.
  2. Urry, Cain, Wassermann, Minorsky, Reece. Campbell Biologie, Hallbergmoos 2019, 11.Auflage.
  3. Savada, Hillis, Heller, Hacker: Purves Biologie, Springer Verlag Deutschland 2019, 10. Auflage. Herausgegeben von Jürgen Markl.
  4. Wikipedia, Artikel "Tay-Sachs-Syndrom".