Beide Coenzyme sind Wasserstoff-Transporter

NAD+ (Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid) und NADP+ (Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid-Phosphat) sind Wasserstoff-Transportsysteme der Zelle, die sowohl bei anabolen (aufbauenden) wie auch bei katabolen (abbauenden) Stoffwechselwegen eine wichtige Rolle spielen.
Die oxidierten Formen, also NAD+und NADP+, können zwei Elektronen und ein Proton (formal also ein Hydrid-Ion H-) aufnehmen und werden dann zu den reduzierten Formen NADH bzw. NADPH.
Die reduzierten Formen, also NADH sowie NADPH, können diese zwei Elektronen und das Proton an Substrate abgeben, die dadurch um zwei Stufen reduziert werden. Aus einer Carbonsäure kann so beispielsweise ein Aldehyd werden, oder aus einem Aldehyd ein primärer Alkohol.
Was ist der Unterschied zwischen NADH und NADH/H+ ?
Die oxidierten Formen der Coenzyme, also NAD+und NADP+, nehmen zwei Elektronen und ein Proton auf. Die korrekte Schreibweise für die reduzierten Formen sind also NADH und NADPH. Warum findet man dann trotzdem in vielen Schulbüchern, aber auch in der Fachliteratur und auf dieser Homepage häufig die Bezeichnungen NADH/H+ bzw. NADPH/H+ ?
Das liegt daran, dass bei der Oxidation eines Substrats um zwei Stufen tatsächlich nicht nur zwei Elektronen abgegeben werden, sondern auch zwei Protonen. Schauen wir uns dazu einmal die Oxidation eines primären Alkohols zu einem Aldehyd an:
R-CH2-OH → C-CH=O + 2 H+ + 2 e-
Das Coenzym NAD+ nimmt die beiden freigesetzten Elektronen 2 e- auf und außerdem eines der beiden Protonen H+. Das andere Proton H+ verbleibt im Cytoplasma. Dieses Proton wird auch keineswegs von dem reduzierten NADH irgendwie angezogen, sondern diffundiert völlig unabhängig von diesem im Cytoplasma herum. Darum ist die Schreibweise NADH/H+ eigentlich nur eine rein formale - ähnlich wie die Oxidationszahlen von C-Atomen nur rein formale Angaben sind.
Man schreibt die reduzierte Form NADH/H+ so, weil bei der Reduktion eines Substrats um zwei Stufen wieder zwei Elektronen und zwei Protonen aufgenommen werden. Die beiden Elektronen werden vom NADH geliefert, das eine Proton ebenfalls. Aus dem NADH wird dann wieder die oxidierte Form NAD+. Das zweite Proton, das für die Reduktion benötigt wird, wird dann aus dem Cytoplasma aufgenommen. Für die Reduktion wird also NADH + H+ benötigt, und das schreibt man dann formal als NADH/H+.
Warum gibt es NAD+ und NADP+ ?
Wieso benötigt die Zelle eigentlich zwei verschiedene Wasserstoff-Transporter? In ihrem rein physikalisch/chemischen Verhalten unterscheiden sich die beiden Moleküle kaum. Die zusätzliche Phosphat-Gruppe des NADP+ ist zu weit vom Zentrum des Moleküls entfernt, so dass sie das chemische Verhalten kaum beeinflusst. Aber das NADP+-Molekül hat durch die angehängte Phosphat-Gruppe eine etwas andere Form als das NAD+-Molekül und kann daher mit anderen Enzymen zusammenarbeiten als NAD+ (Schlüssel-Schloss-Prinzip).
NAD+ arbeitet im Katabolismus
Das Coenzym NAD+ wird hauptsächlich im Katabolismus eingesetzt, also im abbauenden Stoffwechsel. Schauen wir uns dazu einmal die Glycolyse und den Citratzyklus näher an, zwei wichtige Prozesse im Glucose-Abbau.
Im Schritt 5 der Glycolyse wird das Glycerinaldehydphosphat zu 1,3-Bisphospho-Glycerat oxidiert - chemisch gesehen entspricht das der Oxidation eines Aldehyds zu einer Carbonsäure. Das NAD+ spielt hierbei eine entscheidende Rolle als Akzeptor für die beiden Elektronen und das Proton. Das andere Proton wird in das Cytoplasma abgegeben.
Im dritten Schritt des Citratzyklus wird Isocitrat zu Oxalsuccinat oxidiert:

Schritt 3: Isocitrat + NAD+ ==> Oxalsuccinat + NADH/H+
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: Public domain.
Auch hier dient NAD+ als Akzeptor für zwei Elektronen und ein Proton. Auch im Schritt 5 sowie im Schritt 9 des Citratzyklus ist NAD+ der Akzeptor für die beiden Elektronen und je ein Proton.
NADP+ arbeitet im Anabolismus
Dieses Coenzym wird hauptsächlich bei anabolen Stoffwechselvorgängen eingesetzt, also im aufbauenden Stoffwechsel. Ein wichtiges Beispiel für einen solchen anabolen Stoffwechselprozess ist die Synthese von Fettsäuren, hier wird NADHP zu NADP+ oxidiert.
Aus dem Schulunterricht kennen Sie vielleicht noch den Ablauf der Photosynthese.

Das Zick-Zack-Schema der Lichtreaktion
Autor: Ulrich Helmich 2015, Lizenz: Public domain.
In der Lichtreaktion (Zick-Zack-Schema) wird Wasser H2O in 1/2 O2, 2 e- und 2 H+ zerlegt. Die beiden Elektronen werden dann über ein ausgeklügeltes System von Enzymen und Pigmenten zum NADP+ transportiert. Die zur Reduktion des NADP+ benötigten Protonen werden aus dem Plasma aufgenommen.
Vorteile dieser Arbeitsteilung
Die Bildung der reduzierten Formen NADH und NADPH erfolgt in unterschiedlichen Stoffwechselwegen. Da es zwei Formen dieses Coenzyms gibt - nämlich NAD+ und NADP+ - können die Verhältnisse NAD+/NADH bzw. NADP+/NADPH getrennt und unabhängig voneinander reguliert werden.
Innerhalb einer Zelle laufen stets anabole und katabole Prozesse nebeneinander ab. Bei den anabolen Prozessen werden Substrate häufig reduziert, daher müssen immer viele Wasserstoff-Donatoren zur Verfügung stehen. Bei den katabolen Prozessen dagegen wird immer viel oxidiert, daher werden viele Wasserstoff-Akzeptoren benötigt.
Mit anderen Worten: In der Zelle muss immer viel NADH für die Reduktionen, aber auch viel NAD+ für die Oxidationen zur Verfügung stehen. Mit einem einzigen Coenzym wäre das nicht zu leisten. Daher haben sich im Laufe der Evolution zwei unterschiedliche Coenzyme entwickelt. Für die vielen Reduktionen im anabolen Stoffwechsel steht viel NADPH zur Verfügung, für die vielen Oxidationen im katabolen Stoffwechsel ist gleichzeitig viel NAD+ vorhanden.
Quellen:
- Alberts, Heald et al. Molekularbiologie der Zelle, 7. Auflage, Weinheim 2025.