Helmichs Biologie-Lexikon

Phosphodiesterase

Die Phosphodiesterasen (PDE) sind Enzyme der Wirbeltiere, die die beiden second messenger cAMP und cGMP zu AMP bzw. GMP abbauen, indem sie Phosphodiesterbindungen in den cAMP- und cGMP-Molekülen spalten, so dass die Ringstruktur verloren geht.

Die Hydrolyse von cAMP zu AMP durch die Phosphodiesterase
Autor: Ulrich Helmich 11/2023, Lizenz: siehe Seitenende

Hier sehen wir die Hydrolyse eines cAMP-Moleküls. Die grün markierte Ringstruktur im cAMP-Molekül geht durch die Spaltung der P-O-Bindung verloren.

Im menschlichen Organismus gibt es insgesamt 11 verschiedene Phosphodiesterasen (Isoenzyme) in den verschiedenen Geweben.

Phosphodiesterasen

In diesem Wikipedia-Artikel finden Sie eine Tabelle mit den 11 Phosphodiesterase-Isoenzymen, ihren Substraten, den Geweben, in denen sie aktiviert sind sowie den spezifischen Hemmstoffen.

Einige dieser Isoenzyme (4, 7, 8) können nur cAMP spalten, andere nur cGMP (5, 6, 9), die meisten (1, 2, 3, 10, 11) aber beide Substrate [1,2].

Biologische Funktion

cAMP und cGMP sind wichtige second messenger. Ein second messenger kann aber nur dann als Signal-Molekül wirken, wenn seine Konzentration normalerweise sehr niedrig ist. Dann kann ein Ansteigen der Konzentration recht leicht registriert werden. Die Aufgabe der Phosphodiesterasen ist es nun, die Konzentration dieser second messenger auf dem erforderlichen niedrigen Niveau zu halten, indem sie diese Moleküle wieder abbauen.

Im Biologie-Unterricht der Oberstufe haben Sie wahrscheinlich den Sehprozess behandelt, zumindest im Leistungskurs. Auch hier spielt eine Phosphodiesterase eine zentrale Rolle. Hier eine knappe Darstellung:

Der Sehprozess

Der Sehprozess, schematisch dargestellt
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Beim Sehprozess in den Photorezeptoren der Netzhaut spielt Phosphodiesterase eine wichtige Rolle.

Fällt kein Licht auf die Sinneszellen, werden die Na+-Kanäle in der Zellmembran durch cGMP offen gehalten. Die Membran ist depolarisiert und die synaptischen Endknöpfchen der Photorezeptoren schütten Neurotransmitter aus. Diese aktivieren die nachfolgenden inhibitorischen Nervenzellen, die wiederum die Weiterleitung von Aktionspotenzialen zum Gehirn verhindern - man sieht nichts.

Werden die Photorezeptoren jedoch durch Licht gereizt, aktiviert das Rhodopsin ein G-Protein auf der Membraninnenseite (Transducin), und dieses wiederum aktiviert eine Phosphodiesterase, die cGMP abbaut und damit die oben beschriebene Wirkung von cGMP hemmt: Das Öffnen der Na+-Kanäle in den Sinneszellen wird unterbunden, es kann kein Na+ mehr in die Zellen fließen, die Membran wird nicht mehr depolarisiert und es werden keine Neurotransmitter mehr ausgeschüttet. Die auf die Sinneszellen folgenden hemmenden Nervenzelle werden nicht mehr erregt, daher können sie die nächsten Nervenzelle nicht mehr hemmen, und Aktionspotenziale werden zu Gehirn weitergeleitet - man sieht etwas.

Hemmstoffe

Viele Hemmstoffe der verschiedenen Phosphodiesterasen werden in der Medizin eingesetzt - oder auch, wenn man Kaffee oder Kakao trinkt, wie die beiden folgenden Kästen zeigen.

Viagra

Sildenafil (Viagra) ist ein Hemmstoff der Phosphodiesterase 5 (cGMP-spezifisch). Durch die Hemmung dieser Phosphodiesterase erhöht sich der cGMP-Spiegel im Corpus cavernosum penis, also einem Schwellkörper im Penis. Dadurch erweitern sich die Blutgefäße, mehr Blut kann in den Schwellkörper fließen, und das führt dazu, dass sich der Penis während der Erektion versteift und verlängert [2].

In der Wikipedia lesen wir dazu:

"Ein Teil des physischen Prozesses der Erektion beinhaltet die Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO) im Corpus cavernosum. Dadurch wird das Enzym Guanylatcyclase aktiviert, welches die Bildung von cyclischem Guanosinmonophosphat (cGMP) erhöht. So wird eine leichte Muskelentspannung im Corpus cavernosum ausgelöst, welche das Einströmen von Blut und damit die Erektion ermöglicht.

Sildenafil ist ein potenter selektiver Hemmer der cGMP-spezifischen Phosphodiesterase vom Typ 5 (PDE-5), der damit die Abbaurate von cGMP vermindert. Als Resultat wird beim Einsatz von Sildenafil eine normale sexuelle Stimulation zu erhöhten Blutspiegeln von cGMP im Corpus cavernosum und damit zu einer verstärkten Erektion führen. Ohne eine sexuelle Stimulation und Aktivierung des NO/cGMP-Systems löst Sildenafil keine Erektion aus."

Coffein, Theobromin

Auch das Coffein (im Kaffee) und Theobromin (im Kakao) sind Phosphodiesterase-Inhibitoren und erhöhen den cAMP-Spiegel. Die Folge ist dann ebenfalls eine Erweiterung der Blutgefäße (allerdings nicht im Penis) mit einer herzstimulierenden Funktion.

In der Wikipedia lesen wir zur Wirkung von Coffein:

"cAMP führt unter anderem zur Aktivierung der Proteinkinase A, die wiederum (abhängig vom Gewebe) eine Vielzahl an Funktionen vermittelt, darunter die Freisetzung von Glucose in der Leber (über Gluconeogenese und Glycogenspaltung) und die ATP-Produktion zur Muskelkontraktion im Skelettmuskel. Darüber hinaus führt cAMP über die Aktivierung von Lipasen (HSL, ATGL) in Fettzellen zur Verstoffwechselung der dort gespeicherten Fette."

Quellen:

  1. Wikipedia, Artikel "Phosphodiesterasen"
  2. engl. Wikipedia, Artikel "Phosphodiesterase"
  3. Wikipedia, Artikel "Sildenafil: Wirkmechanismus"
  4. Wikipedia, Artikel "Coffein: Wirkmechanismus"