Helmichs Biologie-Lexikon

Variabilität

Dieser Begriff ist sowohl für die Genetik wie auch für die Evolutionsbiologie wichtig!

Bereits Tier- und Pflanzenzüchtern lange vor Lamarck oder Darwin war aufgefallen, dass sich die Individuen einer Population voneinander stark unterscheiden können, obwohl ja alle Tiere bzw. Pflanzen der gleichen Art angehören.

siehe folgenden Text

Tierzüchter wissen, dass sich die Individuen einer Population - hier einer Schafherde - voneinander unterscheiden
Bildquelle: PixaBay.com

Diese Tatsache, dass sich die Individuen einer Population voneinander unterscheiden, bezeichnet man in der Biologie als Variabilität.

Das Lexikon der Biologie aus dem Spektrum-Verlag definiert Variabilität folgendermaßen:

Bezeichnung "für die mehr oder minder große Verschiedenheit in der Ausprägung der Eigenschaften (Phänotyp) bei den Individuen einer Art (Population)."

Die Variabilität einer Art hat zwei Ursachen. Einmal die genetische Variabilität, und zum anderen die modifikatorische Variabilität.

Die genetische Variabilität ist eine Folge der unterschiedlichen genetischen Ausstattung der Individuen. Diese unterschiedliche genetische Ausstattung (unterschiedliche Genotypen) ist wiederum die Folge verschiedener Rekombinationsprozesse bei der Weitergabe des Erbgutes.

Die modifikatorische Variabilität ist eine Folge der Umwelteinflüsse, der die Lebewesen ausgesetzt sind. Ein Schaf, das auf einem trockenen Magerrasen ausharren muss, wie er im Gebirge vorkommt, sieht anders aus als ein Schaf, das sein Leben auf einer fetten Weide in Norddeutschland verbringen kann. Weitere Einzelheiten dazu auf der Seite "modifikatorische Variabilität".

Warum ist der Begriff der Variabilität so wichtig für den Biologie-Unterricht?

Im Genetik-Unterricht behandelt man in der Sek. I die Mendelschen Gesetze, mit denen man dann die verschiedenen Phänotypen bei Blumen oder Rindern erklären kann. Sie alle kennen sicherlich noch das Beispiel mit den roten und weißen Blumen, deren Nachkommen rot, weiß und rosa sein können. Wenn man sich auf das eine Merkmal "Blütenfarbe" beschränkt, hat man hier schon drei unterschiedliche Variationen. Oft wird auch das Beispiel mit den Rindern behandelt. Dabei gibt es dann braune und schwarze sowie einfarbige und gescheckte Rinder mit den Phänotypen schwarz/einfarbig, schwarz/gescheckt, braun/einfarbig und braun/gescheckt. Je mehr Gene bei diesen Überlegungen berücksichtigt werden und je mehr Allele diese Gene jeweils haben, desto mehr Phänotypen gibt es und desto größer ist die genetische Variabilität.

Im Unterricht der Sek. II werden dann Prozesse wie Meiose und dabei ablaufende Crossing-Over-Vorgänge behandelt. Die zufällige Verteilung der homologen Chromosomen während der Meiose sowie bei der Paarung der homologen stattfindendendes Crossing-Over erhöhen die Variabilität innerhalb einer Population stark.

Wenn dann das Thema Evolutionsbiologie behandelt wird, spielt auch hier die Variabilität eine wichtige Rolle. Wären alle Individuen einer Population absolut gleich, gäbe es also keine Variabilität, dann könnte die Selektion keine Individuen bevorzugen oder benachteiligen, mit anderen Worten: Es gäbe keine Selektion. Welches Tier den "Kampf ums Dasein" überlebt, hinge dann einzig und allein vom Zufall ab. Die Variabilität, vor allem die genetische, ist neben der Selektion eine wichtige Triebkraft der Evolutionsprozesse.