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Übersicht über die Lichtreaktion

Lichtreaktion und Dunkelreaktion im Zusammenhang

Das folgende Bild zeigt den Zusammenhang zwischen Lichtreaktion und Dunkelreaktion der Photosynthese.

Der Zusammenhang von Licht- und Dunkelreaktion
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

In der Dunkelreaktion (besser als "lichtunabhängige Reaktion" bezeichnet) wird das aufgenommene CO2 reduziert. Für diese chemische Reduktion sind zwei Dinge erforderlich, die beide durch die Lichtreaktion geliefert werden:

  1. Wasserstoff
  2. Energie

Der Wasserstoff wird durch die Spaltung von Wasser-Molekülen gewonnen. Die Energiegewinnung ist ein etwas komplizierterer Prozess.

Die Spaltung von Wasser-Molekülen

Im Labor kann man Wasser-Moleküle durch sehr hohe Temperaturen oder durch Einsatz von elektrischem Strom spalten (Thermolyse, Elektrolyse). In den Chloroplastasten sind dafür bestimmte Enzymkomplexe verantwortlich. Diese sitzen in der Membran der Thylakoide, den Membrangebilden im Innern des Chloroplasten, die wie gestapelte Münzen aussehen. Schauen wir uns mal einen Ausschnitt aus der Membran eines solchen Thylakoids an:

Membran eines Thylakoids

Die wichtigsten Proteinkomplexe der Lichtreaktion
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

Sofort springen drei große Proteinkomplexe ins Auge. Links sehen wir das Photosystem II, rechts das Photosystem I. Diese beiden Proteinkomplexe sind für das "Einfangen" des Sonnenlichts verantwortlich. Sie bestehen aus hunderten von Chlorophyll-Molekülen sowie einigen anderen Molekülen, sowohl Farbstoffen wie auch anderen Verbindungen. Das Photosystem I wurde früher entdeckt als das Photosystem II, daher die Bezeichnung. In der Mitte ist in violett ein großer Proteinkomplex eingezeichnet, der als Cytochrom-Komplex bezeichnet wird. Auf Einzelheiten wollen wir auf dieser Seite nicht eingehen. Neben diesen großen Proteinkomplexen befinden sich noch einige kleinere Proteinkomplexe in bzw. an der Membran.

Belichtung von Photosystem II

Absorption von Licht "erhöht" das Redoxpotenzial von Chlorophyll (RP wird negativer!)
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

Wenn nun das Photosystem II belichtet wird, so kann ein Elektron dieses Komplexes auf ein höheres Energieniveau befördert werden, was in der Zeichnung durch den schwarzen Pfeil angedeutet wird.

Wenn Sie sich an die Vorgänge in der Atmungskette erinnern, dann wissen Sie, dass Verbindungen durch Aufnahme von Energie ein negativeres Redoxpotenzial erhalten können. Genau so ist es bei bestimmten Chlorophyll-Molekülen des Photosystems II. Durch Absorption von Licht wird das Redoxpotenzial von Chlorophyll-Molekülen negativer, und bestimmte Elektronen können dann leichter abgegeben werden, in der Regel an Verbindungen, deren Redoxpotenzial positiver ist.

Elektronentransport

Das Photosystem II kann seine Elektronen an den Cytochrom-Komplex abgeben
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

Hier sehen Sie, wie das angeregte Elektronen über einen kleineren Komplex zum Cytochrom-Komplex weitergereicht wird, und von dort zu einem weiteren kleinen Komplex.

Photolyse des Wassers

Das PS II hat nun ja ein Elektron an Cytochrom abgegeben, das Reaktionszentrum P680 dieses Photosystems ist daher positiv geladen: $P_{680}^{+}$.

Um wieder in den Grundzustand $P_{680}$ zurückzukommen, muss das Photosystem II ein neues Elektron aufnehmen:

$P_{680}^{+} + e^{-} \to P_{680}$

Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Ach, da waren doch noch die Wasser-Moleküle. Und in der Tat, das PS II holt sich nun die fehlenden Elektronen von den Wasser-Molekülen, von denen es ja jede Menge im Innern der Thylakoide gibt. Schauen wir uns dazu das nächste Bild an:

Beschreibung siehe Text

Photolyse des Wassers
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

Das sieht jetzt wirklich langsam unübersichtlich aus. Links unten sehen wir zwei Wasser-Moleküle. Die Sauerstoff-Atome sind rot gezeichnet, die beiden H-Atome grau. Die vier Elektronen der vier O-H-Bindungen werden durch kleine blaue Kreise dargestellt.

Diese zwei Wasser-Moleküle werden nun zerlegt, und zwar folgendermaßen:

$4 \ H_{2}O \to 4 \ H^{+} + 4 \ e^{-} + O_{2}$

Es entstehen vier Protonen, vier Elektronen und zwei Sauerstoff-Atome. Die beiden O-Atome vereinigen sich aber ganz schnell zu O2-Molekülen, die dann als Sauerstoff an die Außenluft abgegeben werden. Das Sauerstoff-Molekül wird durch zwei Elektronenpaarbindungen zusammengehalten (O=O-Doppelbindung), die vier Bindungselektronen sind als kleine blaue Kügelchen eingezeichnet. Vier Elektronen bleiben noch übrig, und diese vier Elektronen sind für die Lichtreaktion jetzt enorm wichtig. Sie werden nämlich von dem Proteinkomplex "links unten" von PS II aufgenommen und dann an das PS II weitergereicht. Jetzt hat das PS II seine Elektronen wieder, die es durch die Lichtabsorption abgegeben hat.

Allerdings ist es so, dass die Absorption eines Photons immer nur ein Elektron aktiviert und zum Cytochrom befördert. Um die zwei Wasser-Moleküle zu spalten, bedarf es also vier solcher Photonen!

Die Spaltung von Wasser-Molekülen ist jetzt also geklärt, aber wie geht es weiter? Was passiert mit den Elektronen, und was geschieht mit den vier Protonen?

Die Bildung von NADPH/H+

Das Cytochrom hat ein positiveres Redoxpotenzial als das Photosystem II, und auf dem Weg "bergab" haben die Elektronen schon Einiges an chemischer Arbeit verrichtet (ATP-Herstellung, aber darauf kommen wir später). Die Elektronen sind aber noch nicht "fertig", sie müssen weitere Arbeit leisten:

$2 \ NADP^{+} + 4 \ H^{+} + 4 \ e^{-} \to 2 \ NADPH/H^{+}$

Ziel der Lichtreaktion ist es ja, nicht nur jede Menge ATP für die Dunkelreaktion (CO2-Reduktion zu Glucose) zu erzeugen, sondern auch die dazu erforderlichen Reduktionsäquivalente in Form von NADP/H+ zu liefern.

Damit die Elektronen des Wassers das schaffen, müssen sie erneut auf ein höheres Energieniveau befördert werden. Für diese Anregung ist das zweite Photosystem verantwortlich, das aber als Photosystem I bezeichnet wird (weil es früher entdeckt wurde). Die Elektronen bekommen auf diese Art und Weise mehr "Schwung".

Beschreibung siehe Text

Das Photosystem I verleiht den Elektronen wieder mehr "Schwung"
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

Hier sehen Sie, wie Elektronen vom Cytochrom-Komplex über einen kleineren Komplex zum Photosystem I gelangen. Durch Absorption von Licht werden diese Elektronen wieder energetisch angeregt und können dann an den letzten eingezeichneten kleinen Komplex abgegeben werden. Dort "warten" schon bestimmte Elektronenakzeptoren auf die Elektronen, nämlich NADP+-Moleküle.

Beschreibung siehe Text

Bildung von NADPH/H+ durch Photosystem I
Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

NADP+ gehört zu den Coenzymen, und ähnlich wie NAD+ oder FAD ist NADP+ ein Wasserstoff-Transporter. Jedes NADP+-Molekül kann zwei Elektronen und ein Proton aufnehmen und ein zweites Proton "mitschleppen", daher schreibt man meistens auch NADPH/H+ für die reduzierte Form des NADP+. Die beiden Elektronen erhält das NADP+-Molekül dabei von dem kleinen Komplex, der im Bild ganz rechts zu sehen ist.

Zwischenbilanz der Lichtreaktion

Wie schon in der ersten Abbildung auf dieser Seite angedeutet, werden bei der Lichtreaktion 12 Wasser-Moleküle gespalten, dabei werden sechs Sauerstoff-Moleküle freigesetzt. Die 24 Wasserstoff-Atome werden auf 12 NADP+-Moleküle übertragen, wobei 12 NADPH/H+-Einheiten entstehen:

$12 \ H_{2}O + 12 \ NADP^{+} \to 12 \ NADPH/H^{+} + 6 \ O_{2}$

Bei der Dunkelreaktion werden diese NADPH/H+-Einheiten dann benötigt, um Kohlendioxid zu Glucose zu reduzieren:

$6 \ CO_{2} + 12 \ NADPH/H^{+} \to C_{6}H_{12}O_{6} + 6 \ H_{2}O$

Achtung: Auch ATP ist an dieser Reaktion beteiligt, wurde hier aber noch nicht berücksichtigt!

Fasst man beide Reaktionen zusammen, so erhält man:

$12 \ H_{2}O + 6 \ CO_{2} \to C_{6}H_{12}O_{6} + 6 \ H_{2}O + 6 \ O_{2}$

Das ist die Grundgleichung der Photosynthese. Man könnte jetzt einfach 6 H2O auf jeder Seite kürzen und käme dann zu

$6 \ H_{2}O + 6 \ CO_{2} \to C_{6}H_{12}O_{6} + 6 \ O_{2}$

Das ist die Photosynthese-Gleichung, wie sie in vielen Schulbüchern der Sekundarstufe I steht. Rein formal ist dagegen auch nichts einzuwenden, aber ganz korrekt ist diese Gleichung eigentlich nicht, wie wir gerade eben gesehen haben.

ATP-Bildung

Die Dunkelreaktion ist eine stark endotherme Reaktion und benötigt dazu jede Menge ATP als Energielieferanten. Wie wird dieses ATP während der Lichtreaktion hergestellt?

Im Prinzip verläuft die ATP-Bildung genau so wie bei der Atmungskette in den Mitochondrien. Ein spezielles Enzym in der Membran der Thylakoide nutzt einen Protonengradienten aus, um ATP aus ADP und Pi herzustellen, es handelt sich quasi um eine Art umgekehrten aktiven Transport.

ATP-Bildung in der Atmungskette

Wenn Sie sich nicht mehr an die Vorgänge in der Atmungskette erinnern sollten, wäre es sinnvoll, sich die hier verlinkten Seiten noch einmal näher anzusehen.

Erzeugung des Protonengradienten

Passiver Transport unter Bildung von ATP
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Hier sehen wir einen solchen passiven Transportvorgang quer über die Thylakoidmembran. Ein Konzentrationsgradient ist ja im Grunde nichts anderes als ein Speicher für chemische Energie - ähnlich wie angestautes Wasser ein Speicher für mechanische Energie ist.

Aufgabe der Lichtreaktion ist es nun, einen solchen Protonengradienten quer über die Thylakoidmembran zu erzeugen. Betrachten wir dazu die folgende Abbildung:

Erzeugung eines Protonengradienten
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Bei der Photolyse des Wassers werden Protonen in den Thylakoidraum abgegeben, also in das Innere der Thylakoide. Dadurch wird die Protonenkonzentration in den Thylakoiden erhöht.

Bei der Bildung des NADPH werden Protonen aus dem Stroma verbraucht, was zu einer Erniedrigung der dortigen Protonenkonzentration führt.

Insgesamt wird durch die Zusammenarbeit dieser beiden chemischen Reaktionen ein Protonengradient quer über die Thylakoidmembran aufgebaut, der dann für die ATP-Synthese genutzt werden kann.

Zusätzlich ist das Cytochrom in der Lage, Protonen aus dem Thylakoidraum in das Stroma zu transportieren, was jetzt aber in der Abbildung nicht berücksichtigt wurde. Die Elektronen, die vom PS II stammen, fließen ja "bergab" zum Cytochrom und zu dem nächsten kleineren Proteinkomplex. Bei diesem Bergabfließen können die Elektronen chemische Arbeit erledigen, ähnlich wie Wasser beim Bergabfließen mechanische Arbeit verrichten kann. Und der aktive Transport von Protonen gegen ein bestehendes Konzentrationsgefälle ist ja nichts anderes als chemische Arbeit. Diese aktive Transport von Protonen ins Stroma durch Cytochrom wird durch die beim Elektronentransport frei werdende Energie angetrieben. Als Faustregel gilt, dass für die Bildung von 1 ATP ca. 3 Protonen passiv durch das ATP-bildende Enzym fließen müssen.