Struktur
Chinone sind allgemein Verbindungen, die in einem sechsgliedrigen Ring zwei C=O-Gruppen enthalten, die durch konjugierte C=C-Doppelbindungen verbunden sind. Man spricht auch von cyclischen Diketonen, obwohl diese Bezeichnung etwas ungenau ist. Die beiden bekanntesten Chinone sind 1,2-Benzochinon und 1,4-Benzochinon. Diese Verbindungen sind Oxidationsprodukte der Phenole Brenzchatechin und Hydrochinon.
 
						1,2- und 1,4-Benzochinon 
						Autor: Ulrich Helmich 1/2024, Lizenz: Public domain
Mögliche Prüfungsfrage:
Erklären Sie, wieso diese Chinone nicht aromatisch sind!
Mögliche Antwort:
Die blauen Punkte in der Abbildung sollen die pi-Elektronen darstellen. Wenn man nachzählt, kommt man auf insgesamt 8 pi-Elektronen. Obwohl der Ring planar ist und alle C-Atome sp2-hybridisiert, ist die (4n+2)-Regel mit den acht pi-Elektronen nicht erfüllt. Chinone sind also nicht aromatisch!
Mögliche Prüfungsfrage:
Warum ist ein 1,3-Benzochinon nicht möglich?
Mögliche Antwort:
Schauen wir uns dazu das passende Bild an:
 
							Ein hypothetisches 1,3-Benzochinon
								Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende
Wir sehen hier zwei mögliche Grenzstrukturen einer solchen Verbindung. Links befindet sich die einzige mögliche C=C-Doppelbindung zwischen den C-Atomen 5 und 6, rechts zwischen den C-Atomen 4 und 5. In beiden Fällen ist keine weitere C=C-Doppelbindung in dem Molekül möglich, weil die C-Atome 1 und 3 bereits C=O-Doppelbindungen ausgebildet haben. Beide Grenzstrukturen besitzen je zwei sp3-hybridisierte C-Atome und sind daher auf keinen Fall aromatisch. Die Verbindung 1,3-Benzochinon gibt es also höchstens in Klausuraufgaben oder Prüfungen.
Vorkommen in der Natur
In der Natur kommen solche Chinone sehr oft vor, vor allem in Farbstoffen. In der Wikipedia findet man eine schöne Übersicht biologisch wichtiger Chinone, die eine Rolle bei der Übertragung von Elektronen in Redoxketten spielen, vor allem in der Atmungskette und bei der Lichtreaktion der Photosynthese:
 
						Biologisch wichtige Chinone 
						Qniemiec, CC0, via Wikimedia Commons
Wie man auf dem Bild gut sieht, können Chinone leicht reduziert werden, dann bilden sich Hydrochinone mit OH-Gruppen. Umgekehrt können diese auch leicht wieder oxidiert werden, dann bilden sich Chinone zurück. Wegen dieser leichten Reduzierbarkeit/Oxidierbarkeit finden sich solche Chinone oft in biochemischen Reaktionen, bei denen Elektronen übertragen werden (Atmungskette, Lichtreaktion der Photosynthese).
Biologische und medizinische Bedeutung
Zur medizinischen Bedeutung der Chinone konsultieren wir am besten das DocCheck Flexikon: "Chinone, die im Stoffwechsel des Menschen eine wichtige Bedeutung haben, sind Ubichinon (Coenzym Q), Phyllochinon (Vitamin K) und der Redox-Cofaktor Pyrrolochinolinchinon (PQQ). Darüber hinaus gibt es viele Arzneistoffe, die dieser Verbindungsklase zugeordnet werden, z.B. Doxorubicin und Mitomycin C."
Naphthochinone und Anthrachinone
Die bereits genannten Benzochinone leiten sich vom Benzol ab (Benzen, wie es in der Fachliteratur immer häufiger genannt wird). Ist das Benzochinon mit einem weiteren Benzolring verbunden, spricht man von Naphthochinonen, weil sich diese formal vom Naphthalin ableiten. Entsprechend gibt es auch Anthrachinone, die sich vom Anthracen ableiten:
 
						1,4-Naphthochinon und 9,10-Anthrachinon 
						Autor: Ulrich Helmich 01/2024, Lizenz: Public domain
Medizinische Bedeutung
Einige Arzneimittel leiten sich von diesen Naphtho- und Anthrachinonen ab. Hier zwei Beispiele aus dem Zeeck:
 
							Shikonin und Mitoxantron 
						Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: Public domain
Zu Shikonin lesen wie auf www.biomol.com:
"Shikonin is a naturally occurring naphthoquinine isolated from the dried root of L. erythrorhizon, an herb used in traditional Chinese medicine. It increases glucose uptake by adipocytes and myocytes and inhibits the activity of phosphatase and tensin homolog... It inhibits glycolysis in cancer cells by inhibiting tumor-specific pyruvate kinase M2."
Es werden hier noch viele weitere Wirkungen aufgeführt, am besten schauen Sie sich selbst mal die Webseite an.
Zum Mitoxantron finden wir Informationen im DocCheck Flexikon:
"Mitoxantron zählt zu den Topoisomerase-II-Inhibitoren. Es stört sowohl die DNA-Synthese als auch deren Reparaturmechanismen. Mitoxantron lagert sich durch Bildung von Wasserstoffbrückenbindungen an die DNA an. Dieser Vorgang wird Interkalation genannt. Dadurch entstehen Quervernetzungen und Strangbrüche. Die Wirkung von Mitoxantron ist vom Zellzyklus unabhängig. Zusätzlich induziert Mitoxantron die Bildung von freien Radikalen. Es werden sowohl Tumorzellen als auch normale Körperzellen geschädigt. Die Toxizität kann durch Hyperthermie verstärkt werden."
Auch das Vitamin K bzw. seine Unterformen sind Derivate von 1,4-Naphtochinon.
Auf dieser Seite des Fachbereichs Ernährungslehre können Sie alles über dieses Vitamin nachlesen. Auch welche Rolle es für die Blutgerinnung spielt, wird hier dargestellt.
Interessant ist auch der Abschnitt "Medical" in der engl. Wikipedia zum Thema Chinone:
"Several quinones are of pharmacological interest. They form a major class of anticancer cytotoxins. One example is daunorubicin, which is antileukemic. Some of them show anti-tumoral activity."
Physikalische Eigenschaften [1]
1,2-Benzochinon oder o-Benzochinon bildet rote Kristalle mit einer Schmelztemperatur von 60 bis 70 ºC. So genau kann man den Schmelzpunkt nicht bestimmen, da sich die Verbindung beim Erhitzen schnell zersetzt. Das o-Benzochinon ist löslich in Benzol, Ether und Aceton. Die Verbindung ist geruchlos.
1,4-Benzochinon oder p-Benzochinon bildet goldgelbe Kristalle, die bei 116 ºC sublimieren. Die Verbindung riecht stechend nach Chlor. Löslich ist p-Benzochinon in Alkohol, Ether und heißem Wasser.
1,4-Naphthochinon bildet gelbe, stechend und kratzend riechende Nadeln oder Tafeln. Der Schmelzpunkt beträgt 128 ºC, vor dem Sieden zersetzt sich die Verbindung. Die Wasserlöslichkeit ist sehr gering, aber in Ether, Benzol, Alkohol oder Chloroform kann die Verbindung leicht gelöst werden.
9,10-Anthrachinon bildet schwach gelbgrüne geruchlose Nadeln, der Schmelzpunkt liegt bei 285 ºC, der Siedepunkt bei 377 ºC - eine Zersetzung scheint hier nicht aufzutreten, wenn man die Verbindung erhitzt. Aber genau wie 1,4-Naphthochinon sublimiert das 9,10-Anthrachinon beim Erhitzen leicht. Die Wasserlöslichkeit ist sehr schlecht, auch in Alkohol oder Ether löst sich die Verbindung nur schlecht, man muss schon zu heißem Benzol greifen, um den Feststoff zu lösen.
Typische Reaktionen
Die beiden oben genannten Benzochinone verhalten sich eher wie ein ungesättigtes Diketon. Hervorzuheben sind hier aber vor allem die Redoxreaktionen, die bereits weiter oben (Biologische Bedeutung) erwähnt wurden.
 
						Redoxgleichgewicht von 1,4-Benzochinon und Hydrochinon 
						Autor: Ulrich Helmich 01/2024, Lizenz: siehe Seitenende
Klausur- bzw. Prüfungsfrage 3:
- Erklären Sie, wo die beiden aufgenommenen Elektronen im Hydrochinon "untergebracht" sind!
Bei der Reduktion verringert sich einerseits die Zahl der pi-Elektronen im Ring von 8 auf 6, dadurch wird der aromatische Charakter des Hydrochinons hergestellt.
Andererseits entstehen zwei neue O-H-Bindungen mit insgesamt vier Elektronen. Beim Hydrochinon werden die beiden aufgenommenen Elektronen also (zusammen mit den beiden nicht-aromatischen Elektronen des Benzochinon-Rings) in den O-H-Bindungen "untergebracht".
Elektrophile Addition/Substitution
1,4-Benzochinon reagiert teils wie ein Alken, teils wie ein Aromat, wie die folgende Reaktionsfolge aus dem Beyer/Walter zeigt:
 
						Reaktion von Benzochinon mit HCl zu Chlorbenzochinon 
						Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende
Betrachtet man nur den Ausgangsstoff 1,4-Benzochinon und das Endprodukt Chlorbenzochinon, dann würde man sofort sagen, dass es sich bei dieser Reaktion um eine typische elektrophile Substitution handelt. Ein H-Atom des Benzochinons wurde durch ein Chlor-Atom ersetzt.
Das Zwischenprodukt sieht tatsächlich wie ein σ-Komplex bei der SE-Reaktion aus, ist es aber nicht. Es handelt sich um eine Verbindung, die durchaus stabiler ist als ein σ-Komplex, aber dennoch nur ein Zwischenprodukt ist, das sich schnell in ein stabileres Produkt umwandelt, das Chlorhydrochinon. Dass es sich bei diesem Zwischenprodukt nicht um einen σ-Komplex der SE handelt, sieht man auch an dem H-Atom, das sich an das eine O-Atom des Benzochinons gesetzt hat. Im Grunde hat hier eine elektrophile 1,3-Addition von HCl stattgefunden, keine elektrophile Substitution.
Lässt man Chlorhydrochinon nun aber mit Sauerstoff reagieren, so wird die Verbindung wieder oxidiert, die H-Atome der beiden OH-Gruppen vereinigen sich mit dem Sauerstoff zu Wasser, und es entsteht Chlorbenzochinon, das rein formal wie ein Substitutionsprodukt des 1,4-Benzochinons aussieht, aber letzten Endes durch eine elektrophile Addition mit anschließender Dehydrierung bzw. Oxidation aus dem 1,4-Benzochinon entstanden ist.
medizinische Bedeutung
Wir zitieren hier einmal aus dem Beyer/Walter:
"Auf der Oxidation der o-Hydrochinon zur o-Chinon-Struktur ... beruht die Instabilität der Catecholamine Adrenalin, Noradrenalin, Levodopa und Dopamin. Daher müssen diese Arzneistoffe unter Sauerstoffabschluss und Lichtschutz gelagert werden ... und ihre gebrauchsfertigen Lösungen müssen einen Stabilisator ... enthalten".
Quellen:
- Römpp Chemie-Lexikon, 9. Auflage 1992
- Beyer---
- Zeeck...
- "Shikonin" auf www.biomol.com
- "Mitoxantron" auf www.doccheck.com
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