Anf Ammoniak-Synthese
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Ammoniak-Synthese

Die Rolle des Drucks bei der Synthese von Ammoniak NH3

Das wichtigste Verfahren zur Herstellung das Gases Ammoniak ist das Haber-Bosch-Verfahren. Nach diesem Verfahren kann man Ammoniak aus Wasserstoff und Stickstoff bei hohen Temperaturen und hohen Drücken herstellen:

$3 \ H_{2_{(g)}} + N_{2_{(g)}} \rightleftharpoons 2 \ NH_{3_{(g)}}$

Da 1 mol eines Gases (im Idealfall) stets das gleiche Volumen einnimmt (22,4 Liter bei Raumtemperatur und normalem Druck), kann man hier sagen: Aus vier Volumenteilen Gas entstehen bei der Reaktion zwei Volumenteile Gas. Das Gasvolumen reduziert sich also auf die Hälfte.

Nach dem Prinzip des kleinsten Zwanges heißt das für die Hinreaktion: Ein hoher Druck begünstigt die Hinreaktion. Die Reduktion des Volumens durch die Hinreaktion ist eine Ausweichreaktion auf diesen Zwang.

Für die Rückreaktion heißt das: Ein hoher Druck verlangsamt die Rückreaktion. Durch die Rückreaktion würde das Gasvolumen auf das Doppelte steigen. Ein hoher Druck hemmt eine solche Volumenzunahme.

Daraus folgt: Je höher der Druck in dem Reaktionsgefäß, desto weiter sollte das Gleichgewicht der Ammoniak-Synthese auf der Produktseite liegen.

Schauen wir uns nun die experimentellen Daten an. Gefunden habe ich diese in dem Schulbuch "Chemie für die gymnasiale Oberstufe" des Pearson-Verlags.

Anteil NH3 im Gleichgewicht bei 400 ºC:

  • Bei 200 atm: 38,7%
  • Bei 300 atm: 47,8%
  • Bei 400 atm: 54,9%
  • Bei 500 atm: 60,6%

Die Vorhersage des Prinzip des kleinsten Zwangs wird hier also gut bestätigt.

Die Rolle der Temperatur bei der Synthese von Ammoniak NH3

Schauen wir uns die experimentellen Daten zur Temperaturabhängigkeit der Ammoniak-Synthese bei konstantem Druck an. Auch diese Daten stammen aus dem oben genanntem Schulbuch.

Anteil NH3 im Gleichgewicht bei 500 atm:

  • Bei 400 ºC: 60,6%
  • Bei 450 ºC: 48,8%
  • Bei 500 ºC: 37,8%
  • Bei 550 ºC: 20,8%

Je höher die Temperatur, desto geringer der Produkt-Anteil im Gleichgewicht. Nun können wir das Prinzip des kleinsten Zwangs anwenden, um herauszufinden, ob die Reaktion exotherm oder endotherm verläuft.

Bei exothermen Reaktionen wird Energie auf der Produktseite freigesetzt. Bei niedrigen Temperaturen laufen solche Reaktionen daher schneller ab als bei hohen Temperaturen.

Bei endothermen Reaktionen ist es genau umgekehrt. Hier wird die Energie quasi auf der Eduktseite eingesetzt. Je mehr Energie (als "Edukt") eingesetzt wird, desto schneller läuft die Reaktion ab.

Die vorliegenden Daten sprechen dafür, dass es sich um eine exotherme Reaktion handelt. Je höher die Temperatur ist, desto weniger Ammoniak entsteht in der Reaktion.

Wir wollen nun durch Berechnungen überprüfen, ob die Ammoniak-Synthese tatsächlich eine exotherme Reaktion ist. Dazu benötigen wir die Bindungsdissoziationsenergien der H-H-Bindung, der N-N-Dreifachbindung und der N-H-Bindung. Laut Wikipedia haben wir hier folgende Werte:

  • H-H-Bindung: 436 kJ/mol
  • N-N-Bindung: 945 kJ/mol
  • N-H-Bindung: 391 kJ/mol

Betrachten wir noch einmal die Reaktionsgleichung:

$3 \ H_{2_{(g)}} + N_{2_{(g)}} \rightleftharpoons 2 \ NH_{3_{(g)}}$

  • Um die drei Wasserstoff-Moleküle zu zerlegen, werden insgesamt 3 x 436 = 1308 kJ/mol benötigt
  • Für das Stickstoff-Molekül benötigen wir 945 kJ/mol

Zur "Sprengung" der Bindungen in den Edukten benötigen wir also 2253 kJ/mol.

  • Es entstehen sechs neue N-H-Bindungen: 6 x 391 = 2346 kJ/mol

Die Reaktionsenthalpie für die Reaktion wäre also nach dieser Rechnung -93 kJ/mol. Danach ist die Reaktion tatsächlich exotherm.

Die Rolle der Konzentrationen bei der Synthese von Ammoniak NH3

Bei der Ammoniak-Synthese gibt es zwei Edukte und nur ein Produkt. Um die Produkt-Ausbeute bei einer chemischen Reaktion zu erhöhen, gibt es im Prinzip immer zwei Möglichkeiten:

  1. Erhöhung der Konzentrationen (oder des Drucks) der Edukte
  2. Verringerung der Konzentrationen (oder des Drucks) der Produkte

Wie wir bereits im ersten Abschnitt gesehen haben, führt eine Druckerhöhung der Edukte zu einer höheren Ausbeute. Eine solche Druckerhöhung hat die gleichen Folgen wie eine Erhöhung der Edukt-Konzentrationen: Die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes zwischen Edukt-Teilchen wird erhöht, somit gewinnt die Hinreaktion mehr an Gewicht.

Bei der technischen Ammoniak-Synthese nach dem Haber-Bosch-Verfahren verschiebt man das chemische Gleichgewicht der Reaktion aber zusätzlich auf die zweite Weise. Man sorgt kontinuierlich dafür, dass die Ammoniak-Konzentration im Reaktor sehr niedrig bleibt.

Dazu nutzt man die Tatsache aus, dass Ammoniak einen recht hohen Siedepunkt hat, nämlich -33 ºC. Das mag uns jetzt nicht allzu hoch erscheinen, immerhin ist Ammoniak selbst im Gefrierschrank noch gasförmig. Aber wenn man diesen Siedepunkt mit den Siedepunkten von Wasserstoff und Stickstoff vergleicht, nämlich -253 ºC bzw. -196 ºC, dann sieht die Sache schon anders aus.

In der Technik pumpt man das heiße Reaktionsgemisch ab und verdichtet das Gas (Komprimierung). Im nächsten Schritt lässt man das komprimierte Gasgemisch expandieren. Dabei kühlt sich das Gasgemisch ab, und das Ammoniak wird flüssig. Jetzt kann man es leicht aus dem Stoffgemisch abtrennen. Die übrig gebliebenen - immer noch gasförmigen - Edukte Wasserstoff und Stickstoff werden zurück in das heiße Reaktionsgefäß geleitet, so dass sich neues Ammoniak bilden kann.