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Polygene Vererbung der Hautfarben

Mendel - Chromosomen/Mitose/Meiose - Crossing over - Blutgruppen - Hautfarben

Die unterschiedlichen Farben und Schattierungen der menschlichen Haut werden hauptsächlich durch einen Farbstoff hervorgerufen, nämlich durch das Eumelanin. Hergestellt wird das Eumelanin in spezialisierten Zellen der Haut, den Melanocyten.

Melanocyten

Melanocyten sind große verzweigte Zellen in der Basalschicht (unteren Schicht) der Haut, welche für unsere Hautfarbe verantwortlich sind. Andere Melanocyten sitzen in den Haarwurzeln und sind für die Haarfarbe verantwortlich. In der Haut befinden sich im Schnitt 1.100 bis 1.500 Melanocyten pro mm2 [1], in der Gesichtshaut sogar bis zu 2.000 Melanocyten/mm2, an den Fußsohlen dagegen nur 100 - 200 Melanocyten/mm2 [2].

Melaninsynthese

Melanocyten besitzen spezielle Organelle, in denen die Melaninsynthese stattfindet, die Melanosomen [1]. In diesen Vesikeln wird aus der Aminosäure Tyrosin von mehreren Enzymen das Pigment Melanin hergestellt.

Melaninsynthese

Wer sich für die Chemie der Melaninsynthese interessiert, sollte diese Seite im Biologie-Lexikon aufsuchen.

Nach der Herstellung werden die mit Melanin gefüllten Vesikel an die benachbarten Zellen abgegeben, an die Keratinocyten, das sind Horn bildende Zellen. Ein Melanocyt kann auf diese Weise etwa 30 bis 36 Keratinocyten "versorgen" [1,2]. Die Keratinocyten nehmen das Melanin aktiv auf und lagern das Pigment um den Zellkern herum an, so dass die DNA im Zellkern vor UV-Strahlung geschützt ist [2]. Die Hautfarbe eines Menschen hängt nun in erster Linie davon ab, wie dicht die Melanosomen in den Keratinocyten gepackt sind. Bei heller Haut befinden sich die Melanosomen dicht gepackt um den Zellkern herum, bei dunkler Haut sind die Melanocyten mehr oder weniger einzeln in der ganzen Zelle verteilt und färben daher das gesamte Zellplasma dunkel [5].

Funktion des Melanins

Das Melanin absorbiert gefährliche UV-Strahlung und schützt die unteren Hautschichten damit vor Schädigungen der DNA, die zu Krebs führen können. Bei einem Sonnenbad wird die Melaninsynthese in den Melanocyten stark angeregt, und der Mensch hat durch die braune Haut einen wirksameren Schutz vor der UV-Strahlung. Außerdem kann sich die Zahl der Melanocyten bei UV-Bestrahlung erhöhen [2]. Wie stark die Melaninproduktion oder die Zahl der Melanocyten erhöht werden kann, ist hauptsächlich genetisch bedingt und variiert von Mensch zu Mensch (Stichwort: Reaktionsnorm).

Genetik der Melaninsynthese

An der Biosynthese des Melanins sind viele Enzyme und somit auch viele Gene beteiligt. In der englischen Wikipedia findet sich unter dem Stichwort "Human skin color" [3] eine Auflistung der wichtigsten Gene, die ich Ihnen hier nicht vorenthalten möchte (ich habe die Liste gekürzt, vereinfacht und übersetzt):

  • M1CR bestimmt, wie viel Phaeomelanin und Eumelanin produziert werden.
  • KITLG bestimmt die Vermehrungsrate der Melanocyten.
  • ASIP hemmt die Eumelanin-Produktion.
  • SLC24A5 reguliert den Ca2+-Spiegel in den Melanocyten und damit den Prozess der Melaninbildung.
  • SLC45A2 reguliert den Transport von Tyrosin, dem Melanin-Vorläufer.
  • TYR codiert das Enzym Tyrosinase, das Tyrosin in Phaeomelanin bzw. Eumelanin umwandelt.

In der Abituraufgabe "Vererbung der Hautfarbe beim Menschen" der Abiturprüfung im Biologie-Grundkurs NRW 2011 wird die Melaninsynthese folgendermaßen beschrieben [4]:

Das Tyrosin, der Grundstoff für die Melaninsynthese, wird von der Tyrosinase in ein Zwischenprodukt umgewandelt, das dann von anderen (hier nicht genannten) Enzymen in Dopachinon umgewandelt wird. Aus dem Dopachinon kann nun durch Addition von Cystein durch die Cystein-Transferase das Cysteinyl-Dopa entstehen, welches schließlich (durch weitere nicht genannte Enzyme) zu Phaeomelanin umgesetzt wird.

Über einen anderen Syntheseweg kann aus dem Dopachinon - auch wieder über Zwischenprodukte und mit Hilfe nicht genannter Enzyme - das Indolchinon entstehen, welches dann von dem Enzym Indochinon-Polymerase zu Eumelanin verarbeitet wird.

Das Phaeomelanin ist ein gelb-roter Farbstoff, das Eumelanin dagegen ist braun-schwarz. Das Verhältnis dieser beiden Melanine sowie die Gesamtzahl der Melanocyten und die Melanin-Konzentration in den Keratinocyten bestimmt schließlich die Hautfarbe eines Menschen.

Vereinfachte Modellvorstellung

Achtung und Vorsicht: Bei den folgenden Ausführungen handelt es sich um eine rein mathematische Modellvorstellung. Die Realität ist wahrscheinlich noch wesentlich komplexer, man nimmt an, dass bis zu vier Allelpaare für die Hautfarbe zuständig sind.

Angenommen, die Hautfarbe wird nur von drei Allelpaaren bestimmt, also von drei Genen mit je zwei Allelen.

Weiter angenommen, die drei Allele, nennen wir sie einmal A, B und C, erhöhen die Melanin-Produktion in den Melanocyten um jeweils 10 Einheiten, während sich die Allele a, b und c nicht auf die Produktion von Melanin auswirken (0 Einheiten). Dann gibt es 27 verschiedene Genotypen, die sieben abgestufte Hautfarben liefern:

27 Genotypen für 7 Abstufungen (Phänotypen) der Hautfarbe bei drei Genen mit je zwei Allelen
Autor: Ulrich Helmich 2014, Lizenz: siehe Seitenende

In Wirklichkeit gibt es natürlich viel mehr Hautfarben, wie viele Gene mit wie vielen Allelen für die menschlichen Hautfarben verantwortlich sind, ist bis heute noch nicht endgültig geklärt, aber auf jeden Fall weiß man, dass das Merkmal Hautfarbe von mehreren Genen bestimmt wird. Ein Phänomen, das man als Polygenie bezeichnet.

Einteilung der Hautfarben nach der (veralteten) Von-Luschan-Skala (Anfang des 20. Jahrhunderts)
Autor: Cburnet, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Hier sehen wir eine etwas modernere Einteilung der Hautfarben:

Einteilung der Hauttypen nach Fitzpatrick (1975)
John D'Orazio, Stuart Jarrett, Alexandra Amaro-Ortiz and Timothy Scott, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

Eigentlich ist das hier keine Einteilung der Hautfarben, sondern eine Einteilung der Hauttypen. Fitzpatrick (1919-2003) war ein Dermatologe, der versuchte, eine auf den Hauttyp abgestimmte Dosierung einer Phototherapie (PUVA) zu entwickeln. Auch diese Einteilung wird heute kritisch gesehen, da es innerhalb eines Hauttyps noch viele Variationen gibt.

Quellen, die über allgemeines Schulbuchwissen hinausgehen:

  1. "Melanozyt " im DocCheck Flexikon
  2. "Melanozyt " im der Dermatologie-Enzyklopädie des Springer-Verlags.
  3. "Human skin color " in der engl. Wikipedia
  4. Abituraufgabe "BI GK HT 2" aus dem Zentralabitur Biologie NRW von 2011.
  5. "Hautfarben und Gene" auf www.friedrich-verlag.de
  6. Wikipedia, Artikel "Hauttyp".