Bei einer Genduplikation - einer typischen Chromosomenmutation - können aus einem Gen zwei zunächst identische Gene entstehen. Wenn bei dem Duplikationsprozess Fehler passieren, können aber auch sofort zwei verschiedene Gene aus dem Muttergen hervorgehen.
Das Spektrum-Lexikon der Biologie schreibt dazu:
"Genduplikation w, Vorgang der Verdoppelung eines bestimmten Gens oder DNA-Abschnitts auf einer der beiden bei der Replikation entstehenden Geschwisters-Chromatiden durch ungleiches Crossing over. Genduplikationen sind Ausgangspunkt der Entstehung von Genfamilien." [1]Genduplikation auf einem Chromosom. Das Bild ist nicht maßstabsgetreu!
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Die Abbildung aus der Wikipedia ist nicht maßstabsgetreu. Ein Gen ist ein so winziger DNA-Abschnitt, dass es auf dem Bild eigentlich gar nicht zu sehen wäre, höchstens als ganz dünner waagerechter Strich. Dennoch veranschaulicht die Abbildung sehr gut, was man unter einer Genduplikation zu verstehen hat.
Bedeutung von Genduplikationen für die Evolution der Lebewesen
Durch Genduplikation "steht signifikant mehr genetisches Material zur Verfügung, gibt es mehr Kapazitäten, um neue Eigenschaften zu entwickeln ... Verfügt eine Pflanze etwa über zwei Kopien eines Gens, kann eine Kopie allmählich eine neue Funktion übernehmen. Dies erleichtert die Anpassung an neue Umweltbedingungen und Lebensräume" [3].
Das Original-Gen sorgt weiterhin für die Produktion eines bestimmten Proteins und ist (eventuell zusammen mit anderen Genen) für ein bestimmtes Merkmal oder auch für eine Reihe von Merkmalen verantwortlich.
Das Duplikat codiert für das gleiche Enzym wie das Original-Gen. Es kann nun sein, dass in den Zellen des Organismus die Konzentration dieses Enzyms doppelt so hoch ist wie vorher. Das kann schädlich sein oder auch vorteilhaft; meistens jedoch passiert gar nichts.
Wenn das Duplikat jetzt mutiert, so ist das meistens nicht weiter schlimm. Denn das Original-Gen sorgt ja weiterhin dafür, dass das benötigte Enzym hergestellt wird. Das Duplikat erzeugt jetzt vielleicht ein defektes Enzym. Solange dieses defekte Enzym keinen Giftstoff produziert, ist es nicht nachteilig für den Organismus. Einen Vorteil bietet es allerdings auch nicht.
Nun vergeht eine lange Zeit. Das duplizierte Gen wird auf die Nachkommen des Individuums vererbt, und die geben es an ihre Nachkommen weiter. Das Duplikat verbreitet sich als neutrale Mutation langsam in der gesamten Population.
Jetzt ändert sich plötzlich die Umwelt. Es wird kälter oder wärmer, trockener oder feuchter, die Wälder gehen zurück und werden durch Steppen ersetzt oder andere Umweltfaktoren ändern sich.
Das Genduplikat stellt ein verändertes Enzym her, das in der bisherigen Umwelt weder vorteilhaft noch nachteilhaft war. Unter den veränderten Umweltbedingungen kann das neue Enzym aber durchaus vorteilhaft sein. Vielleicht ist es ja kälter geworden in der Umwelt, und das veränderte Enzym hat ein niedrigeres Temperaturoptimum als das Original-Enzym. Und schon sind die Individuen, die dieses Gen-Duplikat in sich tragen, im Vorteil gegenüber den Individuen, die nur das Original-Gen haben. Man spricht in diesem Fall von einer genetischen Innovation.
Es gibt eine Hypothese, nach der sich das Genom der Wirbeltiere in der Anfangszeit zweimal hintereinander komplett verdoppelt hat, so dass jedes Gen jetzt in vier Kopien vorliegt [2].
Quellen:
- Lexikon der Biologie, Spektrum Verlag 1999, Artikel "Genduplikation"
- Alberts, Bruce et al. Molekularbiologie der Zelle, 6. Auflage, Weinheim 2017.
- "Das Geheimnis der Pflanzenevolution" auf Wissenschaft.de vom 24.10.2019