Helmichs Biologie-Lexikon

Murein

"Murein, ein netzartiges, aus Polysaccharidketten und quervernetzenden Peptiden aufgebautes Makromolekül, das als Stützskelett der Zellwand der meisten Bakterien (Bakterienzellwand) fungiert und daher Festigkeit und Form von Bakterienzellen (Bakterien) bestimmt."[1]

Schematischer Aufbau des Mureins

Murein ist ein komplexes Makromolekül, das aus Zucker-Einheiten, Aminosäuren und anderen Bausteinen besteht. Man könnte den Aufbau des Mureins vielleicht mit der Struktur des Makromoleküls DNA vergleichen, obwohl dieser Vergleich ziemlich "hinkt".

Vergleich DNA-Murein

Die DNA besitzt ein Rückgrat, das aus Phosphatresten und Desoxyriboseresten besteht, die sich regelmäßig abwechseln.

Das Murein besitzt ebenfalls ein Rückgrat, das aus zwei Molekülen besteht, die sich regelmäßig abwechseln, nämlich N-Acetylmuraminsäure und N-Acetylglucosamin. Beides sind Derivate der Glucose, dem wohl bekanntesten Monosaccharid.

An dem Rückgrat der DNA sind dann die DNA-Basen "befestigt", die ja als A, T, G und C bekannt sind.

An dem Rückgrat des Mureins sind Tetrapeptide "befestigt", die aus den vier Aminosäuren L-Alanin, D-Glutaminsäure, meso-Diaminopimelinsäure (DAP) und D-Alamin bestehen.

Ein DNA-Doppelstrang besteht aus zwei solchen Rückgraten, die über Paare aus je zwei komplementären Basen verbunden sind, zum Beispiel über das Basenpaar A-T oder das Basenpaar G-C.

In dem Murein-Molekül sind ebenfalls mehrere solcher Rückgrate über die Tetrapeptide miteinander verbunden, allerdings nicht ganz so einfach wie bei der DNA.

Aufbau des Mureins

Die folgende Abbildung aus der Wikipedia zeigt einen Bauabschnitt aus dem Murein-Gerüst schematisch:

Murein-Monomer der Zellwand von E. coli

Schematische Darstellung der Mureinschicht von Escherichia coli.
Quelle: Wikipedia, Autor: Yikrazuul, Lizenz: Public domain.

Die einzelnen Verbindungen näher betrachtet

Das Rückgrat

Das Murein-Rückgrat besteht aus den beiden Verbindungen N-Acetylmuraminsäure (MurNAc) und N-Acetylglucosamin (GlcNAc). MurNAc und GlcNAc sind Verbindungen, die auf dem Monosaccharid Glucose aufbauen. Die einfachere Verbindung ist das N-Acetylglucosamin (GlcNAc), daher schauen wir uns diese Verbindung zuerst an:

N-Acetylglucosamin
Strukturformeln mit geringer Schöpfungshöhe, daher keine Lizenz notwendig

Das Glucose-Molekül ist dunkelrot markiert. An der nach "oben" ragenden OH-Gruppe am C-Atom Nr. 1 sieht man sofort, dass es sich um beta-Glucose handelt. Die OH-Gruppe am C-Atom Nr. 2 ist durch eine Aminogruppe -NH2 ersetzt worden. Allerdings ist ein H-Atom dieser Aminogruppe seinerseits durch eine Acetylgruppe ersetzt worden, also durch einen Essigsäure-Rest -CO-CH3.

Schauen wir uns jetzt mal die Strukturformel der anderen Verbindung an:

N-Acetylmuraminsäure
Strukturformeln mit geringer Schöpfungshöhe, daher keine Lizenz notwendig

Im Grunde handelt es sich um eine Erweiterung der ersten Verbindung, hier hat sich aber auch am C-Atom Nr. 3 des Glucose-Moleküls etwas getan. Das H-Atom der OH-Gruppe ist durch einen Milchsäure-Rest ersetzt worden.

Diese beiden Verbindungen N-Acetylmuraminsäure und N-Acetylglucosamin bilden das Rückgrat des Murein-Gerüstes. In der deutschen Wikipedia findet sich dazu folgendes Bild:

Das Murein-Rückgrat
Quelle: Wikipedia, Autor: Yikrazuul, Lizenz: public domain

Die Tetrapeptide

L-Ala ist die Aminosäure L-Alanin, die auch in Proteinen vorkommt. D-Ala ist das Spiegelbild von L-Ala und kommt nicht in Proteinen vor, wohl aber im Murein. D-Glu ist das Spiegelbild der L-Glutaminsäure, einer sauren Aminosäure, die auch in Proteinen vorkommt. Meso-Diaminopimelinsäure (DAP) ist eine Art "Doppelaminosäure" mit zwei Amino- und zwei Carboxygruppen, die sich daher mit drei oder vier anderen Aminosäuren verbinden kann und daher eine wichtige Funktion bei der Vernetzung des Mureins spielt:

2,6-Diaminopimelinsäure
Strukturformel mit geringer Schöpfungshöhe, daher keine Lizenz notwendig

Das Mureinmolekül

Als ich einmal sehr viel Zeit hatte, habe ich versucht, einen Ausschnitt aus dem Murein-Molekül zu zeichnen. Hier das Ergebnis meiner Arbeit:

Das Murein-Grundgerüst
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende

Die grünen Kugeln stehen für die oben erwähnten Aminosäuren, die mit dem Milchsäure-Rest der N-Acetylmuraminsäure verbunden sind. Die orange markierten Kreise stehen für die Verbindung Diaminopimelinsäure (DAP) (siehe oben). Die DAP-Moleküle verbinden die Tetrapeptide der beiden eingezeichneten Polysaccharid-Ketten, die ja das "Rückgrat" des Murein-Moleküls bilden.

Am Ende noch ein Bild aus der Wikipedia, es zeigt das Murein-Netzwerk in einer Gesamtansicht. Die vielen durchgehenden Stränge bestehen aus den beiden oben erwähnten Verbindungen N-Acetylmuraminsäure und N-Acetylglucosamin , die das Grundgerüst des Mureins bilden. Die kleinen Kreise sind Tetrapeptide aus den bereits erwähnten Aminosäuren und der vernetzenden 2,6-Diaminopimelinsäure.

asdf

Schematische Darstellung der Mureinschicht (Peptidoglycan) von gramnegativen Bakterien.
Quelle: Wikipedia, Autor: Mouagip, Lizenz: GNU Free Documentation License.

Die Abbildung zeigt das Murein-Netzwerk, wie es in der Zellwand sogenannter gramnegativer Bakterien vorkommt. Gramnegative Bakterien sind ein Bakterientyp, der auf eine bestimmte Färbemethode (die Gram-Färbung) nicht reagiert. Grampositive Bakterien haben eine ähnlich aufgebaute Zellwand, die sich aber in ein paar kleinen Aspekten von der Zellwand gramnegativer Bakterien unterscheidet. Dazu siehe den Murein-Artikel in der Wikipedia.

Zellwand gramnegativer Bakterien

Die Zellwand bei den gramnegativen Bakterien besteht aus einer recht dünnen Mureinschicht. Die Mureinschicht macht gewichtsmäßig weniger als 10% der Trockenmasse der Zelle aus (zumindest bei Escherichia coli) [3].

Quellen:

  1. Kompaktlexikon der Biologie, Artikel "Murein"
  2. Wikipedia, Artikel "Murein"
  3. "Zellwandaufbau bei Prokaryoten", ein Skript (Autor unbekannt) aus der Anfängerübung "Mikrobiologie" der Uni Mainz.