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Die Hydrierung von Alkenen Q1, Q2

Addition von H2 an Alkene

Die denkbar einfachste elektrophile Addition ist sicherlich die Addition von elementarem Wasserstoff an die C=C-Doppelbindung, die sogenannte Hydrierung (nicht zu verwechseln mit der Hydratisierung, der Addition von Wasser).

Die Addition von Wasserstoff an ein Alken führt allgemein zu dem entsprechenden Alkan; aus Buten wird zum Beispiel Butan.

Die Hydrierung wird oft für Analysen eingesetzt; sie verläuft unter bestimmten Bedingungen quantitativ (d.h. der eingesetzte Wasserstoff wird vollständig an die Doppelbindungen angelagert, es bleibt keine Doppelbindung verschont), daher kann man auf diese Weise leicht die Zahl der Doppelbindungen in einem organischen Molekül bestimmen. So kann man zum Beispiel herausbekommen, wie viele Doppelbindungen eine ungesättigte Fettsäure enthält. Andererseits kann man für bestimmte Synthesen eine Hydrierung aber auch so durchführen, dass nur bestimmte C=C-Doppelbindungen hydriert werden.

Bei den quantitativen Analysen kann man entweder das Volumen des verbrauchten Wasserstoffs messen oder die bei der Hydrierung freigesetzte Wärme, die sogenannte Hydrierungswärme. Die Hydrierung ist eine exotherme Reaktion, wie wir bereits auf der Hauptseite unter 6.2.1 nachgewiesen hatten.

Hydrierungsenthalpien

Hydrierungsenthalpie

Under der Hydrierungsenthalpie versteht man die Reaktionsenthalpie ΔH, die bei der Addition von Wasserstoff an 1 mol des Alkens bzw. der ungesättigten Verbindung freigesetzt wird. Im Schnitt sind das ca. 126 kJ/mol pro C=C-Doppelbindung. Der genaue Betrag hängt aber von dem Alken selbst ab.

Aufgabe

Wir vergleichen die Hydrierungsenthalpien von drei isomeren Alkenen mit einem Butan-Grundgerüst [7]:

But-1-en: ΔH = -125,8 kJ/mol

cis-But-2-en: ΔH = -119,5 kJ/mol

trans-But-2-en: ΔH = -115,4 kJ/mol

Interpretieren Sie diese unterschiedlichen Werte.

Lösungsvorschlag:

Es sieht so aus, als ob die die thermodynamische Stabilität einer C=C-Doppelbindung mit zunehmender Zahl von Alkyl-Substitutenten zunimmt. Die C=C-Doppelbindung beim But-1-en hat nur einen Alkyl-Substituenten, nämlich einen Ethyl-Rest. Die Doppelbindung des But-2-en (egal ob cis- oder trans-) hat zwei Alkyl-Substituenten, nämlich zwei Methyl-Reste.

Auch scheint es so, als ob trans-Alkene etwas stabiler sind als cis-Alkene. Das könnte eventuell an der gegenseitigen sterischen Behinderung der beiden auf der gleichen Seite liegenden Substituenten des cis-Isomers liegen.

Obwohl die Hydrierungen exotherm verlaufen, heißt das noch lange nicht, dass sie bei Zimmertemperatur auch freiwillig und spontan ablaufen. Man kann ein Alken und Wasserstoff bei Zimmertemperatur über Jahre aufbewahren, ohne das etwas passiert. Die Aktivierungsenergie für die Reaktion ist einfach zu hoch für eine spontane Umsetzung. Selbst bei höheren Temperaturen wie 200 ºC kommt die Reaktion noch nicht in Gang.

Es werden also spezielle Katalysatoren benötigt, welche die Aktivierungsenergie stark absenken. Dann kann man die Hydrierung sogar bei Raumtemperatur durchführen. Bei dieser Katalyse unterscheidet man heterogene und homogene Katalyse.

Heterogene Katalyse

Die heterogene Katalyse ist das ältere Verfahren. Als Katalysator verwendet man Platin, Palladium oder Nickel [1] auf Aktivkohle [2]. Hydriert man auf diese Weise ein zyklisches Alken wie zum Beispiel Cyclohexen, so stellt man fest, dass die Hydrierung immer eine syn-Addition ist. Das heißt, die beiden H-Atome werden auf der gleichen Seite der Doppelbindung addiert, so dass ein cis-Produkt entsteht.

Wenn man Cyclohexen hydriert, bildet sich das Alkan Cyclohexan. An den beiden C-Atomen der ehemaligen Doppelbindung sitzen dann je zwei H-Atome. Wie kann man dann feststellen, dass eine syn-Addition abgelaufen ist? Die neuen H-Atome sind doch von den bereits vorhandenen in keiner Weise zu unterscheiden?

Hier greift man zu folgendem "Trick": Man verwendet bei der Hydrierung keinen normalen Wasserstoff, sondern Wasserstoff-Moleküle, bei denen beide H-Atome durch Deuterium-Atome ersetzt worden sind. Deuterium ist ein Isotop des Wasserstoffs und enthält im Atomkern neben dem Proton ein Neutron, hat also die Atommasse 2. Mit bestimmten analytischen Methoden kann man nun die genaue räumliche Position der beiden Deuterium-Atome bestimmen, nachdem diese sich an die Doppelbindung gesetzt haben.

Ursache für diese syn-Addition ist die Art und Weise, wie der Katalysator arbeitet:

siehe folgenden Text

Hydrierung einer C=C Doppelbindung auf einer Katalysatoroberfläche
Autor: Ulrich Helmich 05/2023, Lizenz: Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

  1. Das H2-Molekül wird von dem Katalysator auf seiner Oberfläche gebunden, die H-H-Bindung wird dabei gespalten, so dass zwei einzelne H-Atome gebunden sind.
  2. Das Alken wird über die pi-Elektronen der C=C-Doppelbindung ebenfalls auf der Katalysatoroberfläche gebunden.
  3. Dann wird zunächst eines der beiden H-Atome an eines der beiden C-Atome gebunden. Die Doppelbindung des Alkens wird dabei gespalten, das einsame Elektron des zweiten C-Atoms bildet eine Bindung zur Katalysatoroberfläche aus.
  4. Erst im nächsten Schritt wird das andere H-Atom von dem anderen C-Atom gebunden. Dabei wird das entstandene Reaktionsprodukt wieder freigesetzt.

Das ist aber wie bereits gesagt eine sehr stark vereinfachte Darstellung. Eine etwas genauere Darstellung findet sich auf der Seite "Die Platingruppe" der Universität Bayreuth unter dem Abschnitt 1.2 Katalyse.

Homogene Katalyse

Dieses Verfahren ist moderner als die heterogene Katalyse, und es arbeitet viel selektiver [1]. Die Katalysatoren sind organische Komplexe von Übergangsmetallen wie Rhodium oder Iridium. Das bekannteste Beispiel ist der Wilkinson-Katalysator [4]. Ein Rhodium-Atom ist von drei Phosphor-Atomen und einem Chlor-Atom umgeben. Jedes Phosphor-Atom ist seinerseits mit drei Phenylgruppen (Benzolringen) verbunden. Daher die gewaltige Summenformel C54H45ClP3Rh.

Auf den komplexen Katalyse-Mechanismus gehe ich hier nicht weiter ein (siehe Wikipedia-Artikel). Interessant ist hierbei aber, dass man mit diesem Katalysator ganz gezielt endständige C=C-Doppelbindungen hydrieren kann.

Die organischen Katalysatoren lassen sich leicht in organischen Lösemitteln lösen. Nach vollendeter Hydrierung gibt es dann oft das Problem, den Katalysator vom Endprodukt und vom Lösemittel wieder abzutrennen. Die Lösung dieses Problems führt dann doch wieder zu einer Art heterogener Katalyse: Der organische Katalysator wird an ein Polymer gebunden. Am Ende wird dieses Polymer mit dem Katalysator dann einfach abfiltriert [1].

Quellen:

  1. R. T. Morrison, R. N. Boyd, S. K. Bhattacharjee: Organic Chemistry. 7. Auflage, Dorling Kindersley 2011.
  2. Chemgapedia, Artikel "Hydrierung von Alkenen"
  3. Uni Bayreuth, Didaktik der Chemie, Artikel "Die Platingruppe"
  4. Wikipedia, Artikel "Wilkinson-Katalysator"
  5. Römpp Chemie-Lexikon, 9. Auflage 1992
  6. K. P. C. Vollhard, N.E. Schore: Organische Chemie. 6. Auflage, Weinheim 2020.
  7. Buddrus, Schmidt, Grundlagen der Organischen Chemie, 5. Auflage, De Gruyter-Verlag 2014.