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Titration einer schwachen Säure

starke Säure - Modellsystem - schwache Säure - zweiprotonige Säure

Abitur

In folgenden NRW-Abituraufgaben wird auf das Verfahren der Titration sowie die Auswertung der Titrationsergebnisse (Konzentrationsberechnung) eingegangen:

Versuch

Schwache Säuren, bei denen das Protolysegleichgewicht weit auf der linken Seite liegt, lassen sich ebenfalls mit einer Lauge titrieren. Allerdings verläuft die Titration hier anderes, da stets nur ein geringer Teil der Säure-Moleküle dissoziiert ist. In dem Versuch 12 wollen wir die Titrationskurve der Reaktion einer schwachen Säure mit NaOH erstellen.

Versuch 12

Titration einer schwachen Säure

Durchführung:

Titrieren Sie 100 ml Essigsäure der Konzentration c(CH3COOH) = 0,1 mol/l, der einige Tropfen Universalindikator zugegeben wurden, mit Natronlauge der Konzentration c(NaOH) = 0,1 mol/l.

Lassen Sie die Natronlauge zunächst in Portionen von je 10 ml zufließen und notieren Sie anschließend das Volumen der verbrauchten Natronlauge sowie den pH-Wert (pH-Messgerät).

Wenn Sie sich dem Äquivalenzpunkt nähern, also nach ca. 90 ml Natronlauge, verkleinern Sie die Portionsgröße der Natronlauge auf 1 ml. Notieren Sie weiterhin V(NaOH) und den pH-Wert der Lösung.

Wenn Sie 110 ml Natronlauge zugegeben haben, erhöhen Sie die Portionsgröße wieder auf 10 ml. Wenn Sie insgesamt 200 ml NaOH dazugegeben haben, beenden Sie den Versuch.

Stellen Sie die Wertpaare V(NaOH) / pH-Wert anschließend durch eine Kurve dar.

Beobachtungen:

Die grüne Kurve stellt die ermittelte Titrationskurve dar. Die rote Kurve zeigt zum Vergleich die Titration von Salzsäure mit Natronlauge (Konzentration jeweils 0,1 mol/l).

Die grüne Kurve beginnt bei einem pH-Wert von ca. 3. Dann nimmt der pH-Wert der Lösung relativ stark zu und erreicht nach 50 ml NaOH einen Wert zwischen 4,5 und 4,8.

Bei weiterer NaOH-Zugabe steigt die Kurve wieder langsamer an, um nach ca. 90 ml NaOH steil anzusteigen. Nach 100 ml NaOH ist der Äquivalenzpunkt erreicht, der bei einem pH-Wert zwischen 8 und 9 liegt.

Danach flacht die Kurve auf hohem Niveau bei pH = 11 bis 13 wieder ab. Auf pH = 14 kann die Kurve nicht gehen, weil ja nur eine 0,1 molare NaOH verwendet wurde und nicht eine 1 molare.

Nachtrag 2016

Der Versuch 12 wurde von einem meiner beiden Chemie-Grundkurse im Dezember 2016 wiederholt, diesmal allerdings mit Essigsäure- und Natronlauge-Konzentration von 1 mol/l. Statt aus einer Bürette wurden die 10ml-Dosen NaOH aus Pipetten zugegeben, um die Sache zu vereinfachen. Sonst hätte bei insgesamt 200 ml NaOH die 50ml-Bürette dreimal nachgefüllt werden müssen, was immer ein gewisses Sicherheitsrisiko darstellt. Die Bürette wurde dann benutzt, um in der Nähe des Äquivalenzpunktes die kleineren NaOH-Dosen zuzugeben.

Hier die graphische Darstellung der Versuchsergebnisse:

 

Erklärungen

Zwei Tatsachen fallen bei der Titrationskurve sofort auf:

  1. Die Kurve beginnt nicht bei einem pH-Wert von 0, sondern bei einem pH-Wert von ca. 3. Wie man leicht ausrechnen kann, liegt der pH-Wert einer 0,1-molaren Essigsäure bei 2,8.
  2. Der Äquivalenzpunkt liegt nicht bei pH = 7, sondern bei pH = 9,3. Das liegt daran, das Natriumacetat, das Salz, das sich bei der Neutralisation von Essigsäure mit Natronlauge bildet, ein alkalisches Salz ist. Eine Lösung dieses Salzes - und nichts anderes liegt nach der Neutralisation der Essigsäure ja vor - hat einen pH-Wert um 9,3.

Bei näherer Betrachtung fällt noch auf, dass die Titrationskurve zu Beginn der NaOH-Zugabe recht steil ansteigt. Dann flacht die Kurve aber ab und erreicht den sogenannten Halbäquivalenzpunkt. Der pH-Wert an diesem Halbäquivalenzpunkt entspricht genau dem pKS-Wert der Essigäsure, nämlich 4,65. Mathematisch gesehen ist der Halbäquivalenzpunkt ein Wendepunkt des Graphen, genau wie der Äquivalenzpunkt.

Eine "richtige" Erklärung der Versuchsergebnisse ist das nicht, dazu müsste man sich erst mit Pufferlösungen beschäftigen, die aber erst im nächsten Abschnitt behandelt werden. Das hält aber viele gute Schulbücher nicht davon ab, auch zuerst das Thema "Titrationskurven" zu behandeln und erst anschließend "Pufferlösungen". Eine schöne Ausnahme ist der "SALTERS" aus dem Schroedel-Verlag. Hier werden tatsächlich zuerst die Puffer behandelt und dann die Titrationskurven.