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Thermoplaste

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Aufmacherbild zu Thermoplasten: Verschiedene Chemikalienbehälter aus einem Chemie-Schrank

Thermoplaste sind Kunststoffe, die sich in einem bestimmten Temperaturbereich verformen lassen. Der Begriff "Thermoplast" deutet das schon an: "thermos" heißt "warm", und "plássein" kann mit "bilden, formen" übersetzt werden. Wörtlich übersetzt ist ein Thermoplast also ein Stoff, der sich in der Wärme verformen lässt. Das liegt daran, dass Thermoplaste aus linearen oder nur schwach verzweigten Polymerketten bestehen, die sich gegenseitig nur schwach anziehen (van-der-Waals-Kräfte). Daher lassen sich diese Ketten leicht gegeneinander verschieben, was die Verformbarkeit der Thermoplaste erklärt (siehe weiter unten).

Beispiel Joghurtbecher

Was man unter "Temperaturbereich" versteht, soll am Beispiel eines Joghurtbechers erklärt werden. Bei Zimmertemperatur ist ein Joghurtbecher zwar etwas elastisch, man kann ihn leicht zusammendrücken, aber wenn man loslässt, nimmt er wieder seine ursprüngliche Form an. Erwärmt man den Becher nun etwas, so wird er elastischer, man kann ihn zum Beispiel etwas in die Länge ziehen oder zusammenstauchen. Lässt man los, nimmt er aber wieder seine alte Form an. Dieser Temperaturbereich wird als thermoelastischer Bereich bezeichnet.

Erhitzt man den Joghurtbecher nun noch mehr, so gelangt man in den sogenannten thermoplastischen Temperaturbereich. Bei diesen Temperaturen kann man den Joghurtbecher dauerhaft verformen. Lässt man den Becher wieder los, behält er die neue Form bei, auch wenn er sich wieder abkühlt (siehe Aufmacherbild oder YouTube-Video). Bei diesen Temperaturen kann man also Thermoplaste verformen.

Erhitzt man den Joghurtbecher noch stärker, wird er verflüssigt. Nun könnte man den Kunststoff in eine neue Form gießen und einen völlig neuen Gegenstand herstellen. Dies wird in der Technik bei der Herstellung von Kunststoffprodukten oder auch beim Recycling von alten Kunststoffen angewandt. Ein interessantes Beispiel, wie aus recycelten Kunststoffen und anderen Materialien moderne Produkte (auch für Schüler) werden, ist die Taschen-Firma Halfar. Zur Lektüre empfehle ich bei Interesse die Erläuterungen über nachhaltige Produkte von Halfar®.

Eine noch stärkere Erhitzung führt nun nicht etwa in den gasförmigen Zustand, wie man sich vielleicht denkt, sondern der Kunststoff zersetzt sich unter Freisetzung von viel Wärmeenergie. Ein Thermoplast könnte also auch "thermisch verwertet" werden - eine andere Bezeichnung wäre "Müllverbrennung".

Ein schönes Video, in dem ein Joghurtbecher erhitzt wird, gibt es auf YouTube zu sehen.

Ein Thermoplast hat vier verschiedene "Aggregatzustände":

  1. fest
  2. thermoelastisch
  3. thermoplastisch
  4. flüssig

Thermoplaste sind zwar Reinstoffe (also keine Stoffgemische), haben aber trotzdem keinen definierten Schmelzpunkt.

Bekannte Thermoplaste

Bekannte Kunststoffe aus der Klasse der Thermoplaste sind Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyvinylchlorid (PVC) und Polystyrol (PS). Weitere Thermoplaste sind Polytetrafluorethen (Teflon), Polyacrylnitril (PAN), Polyethylenterephthalat (PET) und Polymethacrylsäuremethylester (PMMA, Plexiglas). Auch die Polyurethane gehören zu den Thermoplasten.

Struktur von Thermoplasten

Thermoplaste sind aus langen und unverzweigten bzw. nur wenig verzweigten Ketten von Makromolekülen aufgebaut. Diese langen Ketten werden im festen Zustand durch van-der-Waals-Kräfte zusammengehalten, bei bestimmten Thermoplasten auch durch Wasserstoffbrücken-Bindungen. Erwärmt man einen Thermoplasten, geraten die Moleküle in Schwingungen und dadurch werden diese lockeren intermolekularen Bindungen gelöst. Die langen Ketten können daher leicht aneinander vorbei gleiten.

Bei einem Thermoplasten können die langen Moleküle aneinander vorbei gleiten

Links im Bild sieht man den festen Thermoplast mit den intermolekularen Bindungen (rot gezeichnet), rechts ist der flüssige Bereich dargestellt. In der Mitte sieht man den thermoelastischen oder thermoplastischen Bereich; der Übergang zwischen diesen Bereichen ist sehr flexibel.

Amorphe und teilkristalline Thermoplaste

Oft wird noch zwischen amorphen und teilkristallinen Thermoplasten unterschieden. Bei den amorphen Thermoplasten liegen die Ketten im festen Zustand völlig ungeordnet, kreuz und quer ineinander verknäult vor. Bei den teilkristallinen Thermoplasten dagegen finden sich Bereiche, in der die langen Molekülketten fast parallel zueinander verlaufen. Hier können zwischenmolekulare Kräfte besonders gut wirken, daher sind die Thermoplaste in diesen kristallinen Bereichen besonders hart und stabil.

Thermoplaste bestehen aus unvernetzten Polymeren, oft mit einer teilkristallinen Struktur (rot dargestellt).
Bild aus der deutschen Wikipedia. Autor: Roland.chem.
This file is made available under the Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication

Allgemein kann man sagen: Je mehr kristalline Bereiche ein Thermoplast enthält, desto härter und spröder ist er.

Thermoplaste als Werkstoffe

Thermoplaste (Plastomere) sind wichtige Werkstoffe. Unter diesem Aspekt werden sie in folgende Gruppen unterteilt[1]:

Standardkunststoffe

Hierzu gehören die "einfachen" Thermoplaste wie Polyethylen, Polypropylen, Polyvinylchlorid und Polystyrol. Der Einsatzbereich dieser Kunststoffe liegt bei maximal 90 ºC. Einkaufstaschen sind ein gutes Beispiel für den Einsatz dieser Standardkunststoffe.

Technische Kunststoffe

Unter diesem Begriff versteht man Thermoplaste, die bei höheren Temperaturen von bis zu 150 ºC eingesetzt werden können. Beispiele für technische Kunststoffe sind PET (Polyethylenterephthalat) und Polycarbonat.

Hochleistungskunststoffe

Diese Kunststoffe sind bei sehr hohen Temperaturen bis 260 ºC verwendbar. Teflon ist ein solcher Kunststoff, der zum Beispiel für die Beschichtung von Bratpfannen eingesetzt wird.

Quellen:

  1. Dieter Wöhrle, "Wichtige Werkstoffe unserer Zeit - Kunststoffe" in Chemie in unserer Zeit 2018, 52, S. 2ff.
  2. Chemiebücher für die gymnasiale Oberstufe (Klett, Schroedel und andere)
  3. Römpp Chemie-Lexikon, 9. Auflage 1992
  4. Wikipedia, Artikel "Thermoplaste"

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