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Leistungsumsatz

Grundumsatz - Leistungsumsatz - Thermogenese

Allgemeines

Als Grundumsatz hatten wir die Energiemenge definiert, die ein Mensch bei völliger Ruhe, leicht bekleidet, am frühen Morgen, 12 Stunden nach Einnahme der letzten Nahrung, bei einer angenehmen Raumtemperatur (je nach Literaturquelle 21 bis 25 ºC) in 24 Stunden benötigt. Wenn man den GU eines Menschen grob abschätzen möchte, multipliziert man sein Körpergewicht in kg einfach mit der Zahl 100. Ein 25jähriger Mann mit 70 kg Gewicht hätte demnach einen Grundumsatz von 7.000 kJ/d.

Nach dem Schlafen oder Ruhen steht ein gesunder Mensch aber irgendwann auf, um seiner Arbeit, seinem Haushalt oder einer Freizeitbeschäftigung nachzugehen. Durch diese Aktivitäten erhöht sich der Grundumsatz - allerdings meistens weniger als erwartet. Bei Menschen, die keinen besonders anstrengenden Beruf haben, liegt der Faktor, um den sich der Grundumsatz erhöht, zwischen 1,3 und 1,5. Dieser Faktor wird als PAL-Wert bezeichnet. Der 25jährige Mann hätte dann einen Gesamtenergiebedarf (GBE) von 7.000 kJ/d * 1,4 = 9.800 kJ. Die Differenz zwischen dem Gesamtumsatz und dem Gesamtenergiebedarf wird als Leistungsumsatz bezeichnet. In unserem Beispiel hätte der Leistungsumsatz einen Wert von 9.800 kJ/d - 7.000 kJ/d = 2.800 kJ/d.

Gesamtenergiebedarf = Grundumsatz * PAL-Wert

Leistungsumsatz = Gesamtenergiebedarf - Grundumsatz

Arbeitsumsatz

Unter dem Begriff Arbeitsumsatz versteht man nach Hilka de Groot "den bei der Erwerbstätigkeit gesteigerten Energieumsatz"[2]. Ulrike Arnes-Azevedo unterscheidet dabei vier Gruppen, nämlich

  • Leichtarbeiter (zum Beispiel PKW-Fahrer, Laboranten, 250-315 kJ/h)
  • Mittelschwerarbeiter (zum Beispiel Verkäufer, 250-630 kJ/h)
  • Schwerarbeiter (zum Beispiel Maurer, Dachdecker, Masseur, 500-840 kJ/h)
  • Schwerstarbeiter (zum Beispiel Stahl- und Hochofenarbeiter, mehr als 840 kJ/h)

In Klammern ist der Arbeitsumsatz pro Stunde angegeben; die kleineren Werte gelten für Frauen, die größeren für Männer[1].

Freizeitumsatz

Man arbeitet ja normalerweise nicht 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche, sondern hat auch mehr oder weniger viel Freizeit. Nicht jeder Mensch hängt in seiner gesamten Freizeit auf dem Sofa herum, sondern tut irgendetwas Nützliches (oder auch weniger Nützliches). Radfahren zum Beispiel benötigt zwischen 700 und 2000 kJ/h, je nach Geschwindigkeit und Steigung. Skilaufen hat einen noch höheren Energieumsatz, nämlich 2700 bis 3800 kJ/h. Selbst beim Fernsehen setzt man Energie um, nämlich um die 100 kJ/h. Im Internet gibt es jede Menge Tabellen, in denen man nachschlagen kann, wie viele Kilojoule man bei bestimmten Tätigkeiten pro Stunde verbraucht. Hier ein paar Seiten, die ich bei meiner Suche im Internet gefunden habe:

Leistungsumsatz

In der heutigen Zeit arbeiten viele Menschen in ihrer Freizeit und können umgekehrt während der Arbeitszeit Sport treiben oder sich anderweitig entspannen. Die Unterscheidung zwischen Arbeitsumsatz und Freizeitumsatz ist somit eigentlich hinfällig. Auch Tätigkeiten, die in jedem Haushalt zwingend notwendig sind wie Kochen, Spülen, Staubsaugen etc. werden bei der Unterteilung in Arbeitsumsatz und Freizeitumsatz nicht berücksichtigt. Ist das Staubsaugen, das man nach 8 Stunden Büroarbeit noch erledigen muss, nun Arbeitsumsatz oder Freizeitumsatz?

Aus diesem Grund gibt es in den meisten Lehrbüchern der Ernährungslehre nur noch den Leistungsumsatz, es wird nicht mehr zwischen Arbeitsumsatz und Freizeitumsatz unterschieden.

Streng genommen müsste man den Leistungsumsatz eines Menschen genau berechnen, dazu müsste man über die 24 Stunden eines Tages ein Protokoll führen, zum Beispiel

  • 0-7 Uhr: Schlafen
  • 7-8 Uhr: Waschen, Anziehen, Frühstücken
  • 8-16 Uhr: Büro
  • 16-17 Uhr: Essen, Fernsehen, Lesen
  • 17-18 Uhr: Handball spielen
  • 18-19 Uhr: Vom Handballspielen erholen
  • 19-20 Uhr: Hausarbeit
  • 20-23 Uhr: Essen, Fernsehen, Lesen
  • 23-24 Uhr: Schlafen

Das ist natürlich nur ein sehr ungenaues Beispiel; ein echtes Protokoll sähe viel detaillierter aus. Für jede Zeitspanne müsste man dann den genauen Energieumsatz aus einer Tabelle ablesen und dann alle Energieumsätze addieren.

Wollte man den Leistungsumsatz pro Stunde berechnen, müsste man die so ermittelte Summe dann durch 24 dividieren.

PAL-Wert

Meistens macht man sich die Berechnung des Leistungsumsatzes aber viel einfacher, indem man den PAL-Wert heranzieht.

PAL ist eine Abkürzung und steht für "physical activiy level", ist also ein Maß für die körperliche Tätigkeit.

PAL-Wert Tätigkeit Beispiele
1,2 nur sitzend oder liegend alte oder gebrechliche Menschen
1,4 - 1,5 fast ausschließlich sitzend, wenig Freizeitaktivitäten Schreibtischtätigkeit , Feinmechaniker
1,6 - 1,7 überwiegend sitzend, mit zusätzlichen stehenden / gehenden Tätigkeiten Kraftfahrer, Studenten, Schüler, Lehrer
1,8 - 1,9 überwiegend stehende / gehende Tätigkeit Verkäufer, Kellner, Handwerker, Hausfrau oder Hausmann
2,0 - 2,4 körperlich anstrengende berufliche Tätigkeit, "Schwerarbeit" Bergleute, Landwirte, Waldarbeiter, Sportler

Diese oder eine ähnliche Tabelle findet man in der Wikipedia und in fast allen ernährungswissenschaftlichen Büchern[2].

Beispiel

Eine 16jährige Schülerin, die 60 kg wiegt, hätte bei einem geschätzten Grundumsatz von 6.000 kJ/d also einen Gesamtenergiebedarf von 6.000 kJ/d * 1,6 = 9.600 kJ/d. Der Leistungsumsatz ( = Differenz zwischen Gesamtenergiebedarf und Grundumsatz) läge dann bei 9.600 kJ/d - 6.000 kJ/d = 3.600 kJ/d.

Messung des Leistungsumsatzes

Wie man den Grundumsatz misst, wurde bereits auf der Vertiefungsseite um Grundumsatz dargelegt, nämlich durch indirekte Kalorimetrie. Auch der Energieverbrauch bei bestimmten körperlichen Tätigkeiten kann über die indirekte Kalorimetrie ermittelt werden: Man setzt die Versuchsperson auf ein Fahrrad oder Ähnliches und setzt ihr dabei eine spezielle Maske auf, durch die sie einatmet und ausatmet. Der verbrauchte Sauerstoff und das produzierte Kohlendioxid wird erfasst, aus dem Verhältnis der beiden, dem sogenannten respiratorischem Quotienten RQ, wird dann ermittelt, ob hauptsächlich Kohlenhydrate oder Fette verbrannt wurden, und dann kann aus den beiden Werten O2-Verbrauch / CO2-Produktion die verbrauchte Energie berechnet werden.

Heute kennt man aber ein genaueres Verfahren, nämlich mit doppelt radioaktiv markiertem Wasser. Weil dieses Verfahren doch recht kompliziert ist, habe ich die Beschreibung auf eine eigene Vertiefungsseite ausgelagert.

Quellen:

  1. Arnes-Azevedo, Ernährungslehre zeitgemäß, Troisdorf 2006
  2. de Groot, Ernährungswissenschaft, Haan 2011