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Vitamin E

Vitamin A - D - E - K

Struktur

Vitamin E ist keine Einzelverbindung, sondern eine ganze Reihe verschiedener ähnlicher fettlöslicher Verbindungen auf Chroman-Basis.

Beschreibung siehe folgenden Text

Die Struktur der verschiedenen E-Vitamine
Autor: Ulrich Helmich 10/2023, Lizenz: siehe Seitenende

Oben links auf der Abbildung sehen wir die Strukturformel des Chromans. Dieses Chroman-Grundgerüst (blau gezeichnet) ist mit einem dreifach methylierten Tetradecan (14+3 C-Atome) verbunden, dem 2,6,10-Trimethyltetradecan. Außerdem befinden sich an dem Benzolring noch eine OH-Gruppe und zwei CH3-Gruppen, und außerdem zwei weitere Substituten, die wir einmal als R1 und R2 bezeichnen wollen. R1 und R2 können entweder Methylgruppen sein oder einfache Wasserstoff-Atome, so dass sich insgesamt vier verschiedene Strukturen ergeben, die als α-, β-, γ- und δ-Tocopherol bezeichnet werden (siehe Abbildung).

Ähnlich aufgebaut sind die vier analogen Tocotrienole, die im Tetradecan-Gerüst drei C=C-Doppelbindungen besitzen.

Auf die Stereochemie dieser Verbindungen soll nicht weiter eingegangen werden, biologisch aktiv ist jedoch nur jeweils eines der acht möglichen Stereoisomere. Die Raumstrukturen der biologisch aktiven Stereoisomere sehen Sie in der Abbildung 1.

Als "Vitamin E" werden all die Verbindungen definiert, die die biologische Aktivität von (RRR)-α-Tocopherol aufweisen. Mit (RRR) ist das spezielle, in Abb. 1 gezeigte Stereoisomer gemeint [3].

Aufnahme in den Körper

Die Aufnahme der Tocopherole ist an die Fettverdauung gekoppelt. In der Nahrung finden sich hauptsächlich Ester der Tocopherole, die im Dünndarm durch Esterasen und Hydrolasen gespalten werden. Die dadurch freigesetzten Tocopherole und Tocotrienole werden mit Hilfe von Gallensäuren zunächst in gemischte Micellen verpackt, die auch andere lipophile Nahrungsbestandteile enthalten [2, 3].

Diese gemischten Micellen werden dann durch einfache Diffusion von den Enterocyten der Darmschleimhaut aufgenommen und dort zusammen mit Triglyceriden, Cholesterin, Phospholipiden und bestimmten Proteinen in Chylomikronen eingebaut - ähnlich wie bei der Resorption von Vitamin A. Die Chylomikronen werden dann von der basalen Seite der Enterocyten über Exocytose ausgeschieden und gelangen über die Lymphe in das Blut [2].

Durch die Lipoproteinlipase (LPL) werden 70-90% der Triglyceride der Chylomikronen abgebaut, und die Überreste der Chylomikronen werden als Remnants bezeichnet [4].

Ein kleiner Teil des so freigesetzten Vitamin E gelangt in die Zielzellen, der größere Teil verbleibt jedoch in den Remnants und wird über das Blut in die Leber transportiert [2].

In der Leber werden die Remnants von sogenannten Hepatocyten durch Phagocytose aufgenommen. Hepatocyten sind Zellen des Lebergewebes, die ca. 80% des Lebervolumens ausmachen [5]. In diesen Zellen verschmelzen die Phagocytose-Vesikel mit Lysosomen, die verschiedene Enzyme freisetzen. Die Remnants werden dann quasi "verdaut".

Das freigesetzte Vitamin E wird dann an ein Transportprotein gebunden, das eine hohe Affinität vor allem für α-Tocopherol besitzt. Die anderen Tocopherole und Tocotrienole werden nicht so gut gebunden. Daher ist das in der Natur vorkommende α-Tocopherol die wirksamste Form der E-Vitamine. Vitamin-Präparate enthalten aus technischen Gründen alle acht Stereoisomere des α-Tocopherols, daher ist die Wirksamkeit solcher Präparate nicht so besonders gut [2].

Das natürliche α-Tocopherol wird dann in VLDL-Partikel eingebaut und je nach Bedarf an das Blut abgegeben. Durch enzymatische Einwirkung entstehen aus den VLDL (Very Low Density Lipoprotein)-Partikeln LDL-Partikel (Low Density Lipoprotein).

Von den Zielzellen werden die LDL-Partikel dann durch Endocytose aufgenommen.

Wirksamkeit der verschiedenen E-Vitamine

Die Gesellschaft deutscher Chemiker hat eine Tabelle veröffentlicht, in der die relative Wirksamkeit der acht Vitamin-E-Varianten dargestellt ist.

Um die Wirksamkeit von 1 mg α-Tocopherol zu erreichen, werden

  • 2 mg β-Tocopherol
  • 4 mg γ-Tocopherol
  • 100 mg δ-Tocopherol
  • 3,3 mg α-Tocotrienol
  • 6,6 mg β-Tocotrienol
  • 13,2 mg γ-Tocotrienol

benötigt. Das δ-Tocotrienol wurde nicht vergessen, aber es gibt keine zuverlässigen Daten dazu.

Aufgaben im Körper

Antioxidative Wirkung

Die Vitamin-E-Verbindungen werden in fast alle Membranen der Zellen eingebaut und wirken dort als Redoxsysteme. Hauptverantwortlich dafür ist die OH-Gruppe im Chroman-Ring.

Diese OH-Gruppe kann nämlich Lipid-Radikale reduzieren und dadurch unschädlich machen. Auch Peroxide, wie sie bei manchen Stoffwechselprozessen anfallen, können durch die E-Vitamine unschädlich gemacht werden. Auch hier gilt wieder, dass α-Tocopherol und α-Tocotrienol am wirksamsten sind, was diese antioxidative Wirkung angeht.

Mechanismus der Reduktion eines Fettsäureradikals durch α-Tocopherol.
Eleska, Public domain, via Wikimedia Commons

Auf diesem Bild aus der Wikipedia sieht man den Mechanismus der Reduktion eines Fettsäureradikals durch α-Tocopherol. Das dabei entstehende α-Tocopheryl-Radikal wird unter Bildung eines Ascorbyl-Radikals aus Ascorbinsäure wieder zu α-Tocopherol reduziert [3].

Regulation der Genexpression

Manche Transkriptionsfaktoren (also Verbindungen im Zellkern, die die Transkriptionsrate bestimmter Gene beeinflussen) können durch die Vitamin-E-Verbindungen gehemmt werden. Das hat zur Folge, dass Vitamin E die Expression bestimmter Proteine unterdrücken kann [2].

Hemmung der Proteinkinase C

Wie alle Proteinkinasen ist auch die Proteinkinase C für die Übertragung von Phosphatgruppen auf andere Verbindungen zuständig, die durch diese Phosphorylierungen aktiviert werden. Die Proteinkinase C ist für die Aktivierung von Proteinen zuständig, die beim Zellwachstum, bei der Zelldifferenzierung und bei der Apoptose (also dem "freiwilligen" Zelltod) eine Rolle spielen. Vitamin E kann nun dieses wichtige Enzym hemmen und hemmt somit indirekt auch die Aktivierung weiterer durchaus wichtiger Enzyme [2].

Weitere Aufgaben

"Vitamin E ist unentbehrlich für die normale Funktion der männlichen Keimdrüsen, einen normalen Schwangerschaftsverlauf sowie die Funktionstüchtigkeit von Nervensystem und Muskulatur." [7]

Bedarf, Vitamin-E-reiche Lebensmittel

Bedarf

Der tägliche Bedarf an Vitamin E liegt bei 6 bis 8 mg, Schwangere sollten 12 bis 14 mg zu sich nehmen, Raucher und gestresste Menschen ebenfalls [2]. Eine normale gemischte Kost deckt diesen Bedarf mit ca. 12 mg Vitamin E ziemlich genau ab.

Eine genauere Darstellung findet sich auf der Seite der DGE [8].

Laut [2] liegt die empfehlenswerte Zufuhr für Erwachsene zwischen 12 und 15 mg Tocopherol-Äquivalent pro Tag. Mit "Tocopherol-Äquivalent" wird die Tatsache berücksichtigt, dass die vier Tocopherole nicht gleichwertig sind. Um die Wirkung von 1 mg α-T. zu erreichen, sind 2 mg β-T., 4 mg γ-T. und sage und schreibe 100 mg δ-Tocopherol nötig.

Vorkommen in Lebensmitteln

Die acht genannten Vitamin-E-Verbindungen werden ausschließlich von Pflanzen produziert. Die höchsten Konzentrationen finden sich in Nüssen und Samen (zum Beispiel Sonnenblumenkerne, Leinsamen) und den daraus hergestellten Ölen und Fetten [8].

Auch grüne Pflanzenteile enthalten Tocopherole in ihren Chloroplasten. Pflanzenfressende Tiere nehmen diese Verbindungen mit der Nahrung auf, daher enthalten auch tierische Lebensmittel Vitamin E, allerdings in sehr niedrigen Konzentrationen.

Ein hoher Vitamin-E-Gehalt findet sich in Pflanzenölen, mittlere Gehalte sind in Gemüse und in fettreichen Milchprodukten wie Butter vorhanden.

Hypo- und Hypervitaminosen

Hypovitaminosen

Vitamin-E-Mangelerscheinungen treten in Europa nur noch selten auf, meistens nur noch im Zusammenhang mit bestimmten Krankheiten, die auch den Fettstoffwechsel betreffen, beispielsweise eine exokrine Pankreasinsuffizienz (Erkrankung der Bauchspeicheldrüse).

Die Wikipedia listet folgende Folgen einer Vitamin-E-Hypovitaminose auf:

  • trockene, faltige Haut
  • Konzentrationsstörungen
  • Leistungsschwäche
  • Müdigkeit
  • Reizbarkeit
  • schlecht heilende Wunden
  • Begünstigung von Arteriosklerose
  • Dystrophie
Hypervitaminosen

Laut [2] sind Hypervitaminosen nicht bekannt, "Vitamin-E-Gaben bis 200 mg/Tag werden ohne Folgeerscheinungen vertragen".

Quellen:

  1. Schlieper, Grundfragen der Ernährung, 21. Auflage, Hamburg 2014.
  2. Hahn et al., Ernährung, 3. Auflage, Stuttgart 2016.
  3. Wikipedia, Artikel "Vitamin E"
  4. DocCheck Flexikon, Artikel "Remnant"
  5. DocCheck Flexikon, Artikel "Hepatozyt"
  6. Vitamin-Umrechnungstabelle auf www.gdch.de
  7. DocCheck Flexikon, Artikel "Vitamin E"
  8. "Vitamin E" auf www.DGE.de