Helmichs Biologie-Lexikon

Chloroplasten

Überblick

Jede grüne Pflanzenzelle besitzt mehrere Chloroplasten. Bei grünen Algen kommt es häufiger vor, dass sie nur einen, dann allerdings ziemlich großen, Chloroplasten enthalten. Die Aufgabe der Chloroplasten ist - wie allgemein bekannt - die Photosynthese, also die Umwandlung von Kohlendioxid und Wasser in Glucose und Sauerstoff. Die Teile einer Pflanze, die nicht grün ist, besitzen in ihren Zellen keine Chloroplasten, oder die Chloroplasten sind hier umgewandelt, zum Beispiel als Leukoplasten.

Photosynthese

Hier finden Sie auf mehreren Seiten alles Wichtige zur Photosynthese.

Struktur

Chloroplasten sind mit 4 bis 8 µm größer als Mitochondrien; Kinder haben beispielsweise überhaupt keine Probleme, die "Blattgrünkörperchen" beim Mikroskopieren von Pflanzenzellen zu erkennen.

Beschreibung siehe folgenden Text

Chloroplasten in den Zellen der Wasserpest
Autor: Andrea Vierschilling auf Pixabay

Außenmembran

Die Außenmembran besteht aus einer normalen Lipid-Doppelschicht und ist wegen ihrer "relativ großen Poren viel durchlässiger als die innere" [1]. Diese "Poren" werden durch Porine erzeugt [2], das sind integrale Membranproteine mit einer für kleine Stoffe durchlässigen Pore, die in den Außenmembranen von Mitochondrien, Chloroplasten sowie gramnegativen Bakterien vorkommen [3]. Porine lassen Moleküle bis zu einer molaren Masse von 6 bis 10 kDa durch (also 6.000 bis 10.000 u) [2].

Laut Strasburger [1] "steht die äußere Membran durch Membranfluss mit dem übrigen Endomembransystem im Austausch". Und: "Da die meisten intrazellulären Membranen ... und die Zellmembran über einen Membranfluss miteinander in Verbindung stehen, gehören sie letztlich einem übergeordneten Membransystem an, zu dem auch die äußeren Membranen von Mitochondrien und Plastiden zählen." Leider konnte ich in der Fachliteratur und im Internet keinen weiteren Beleg für diese Aussagen finden.

Innenmembran

Die Innenmembran ist deutlich selektiver als die Außenmembran. Sie enthält zahlreiche integrale Membranproteine, die sehr spezifisch bestimmte Stoffe durchlassen.

Wenn man sich die Funktion der Chloroplasten anschaut, muss das ja auch so sein. Die Chloroplasten betreiben die Photosynthese, bei der Wasser und Kohlendioxid zu Sauerstoff und Glucose umgesetzt werden. Das Wasser und das CO2 muss ja irgendwie beide Membranen passieren. Außerdem werden die meisten Chloroplasten-Proteine im Cytoplasma synthetisiert, diese Proteine müssen ja auch irgendwie in das Innere der Chloroplasten gelangen.

Membranzwischenraum

Beide Membranen zusammen bilden die Chloroplastenhülle, der 10 bis 20 nm breite Raum zwischen den beiden Membranen wird als Membranzwischenraum bezeichnet.

Tic-Toc-Komplex

Das Tic-Toc-System ist ein Komplex aus zwei Proteinen (Tic und Toc, Abkürzungen für "translocon on the inner chloroplast membrane bzw. translocon on the outer chloroplast membrane"), der beide Membranen punktuell miteinander verbindet und für den Transport von großen Proteinen in den Innenraum des Chloroplasten verantwortlich ist [5].

Der Tic-Toc-Komplex in der Außenhülle eines Chloroplasten
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende

Der ganze Vorgang ist viel komplexer, als in der Abbildung oben gezeigt. Im aktuellen Strasburger [1] sowie auf der Wikipedia-Seite "TIC/TOC complex" [5] finden sich weitere Einzelheiten dazu.

Stroma

Das Innere des Chloroplasten wird als Stroma bezeichnet. Das Stroma entspricht der Mitochondrienmatrix, es enthält viele Enzyme, weil hier entscheidende Prozesse der Photosynthese ablaufen. Außerdem enthält das Stroma - ähnlich wie das Cytosol - ein "Skelett" aus Proteinfilamenten, das Form und Struktur des Chloroplasten aufrecht erhält. Dieses Skelett wird dann als Plastoskelett bezeichnet [1].

Thylakoide

Bei den Mitochondrien ist die innere Membran bekanntlich nach innen eingestülpt, und die für die Atmungskette wichtigen Proteine sitzen in der Membran dieser Cristae (Kämme) und Tubuli (Röhren).

Mitochondrien

Auf dieser Lexikon-Seite erfahren Sie Näheres über Mitochondrien, die ebenfalls wie die Chloroplasten früher mal Bakterien waren, die von der Ur-Eukaryotenzelle "eingefangen" wurden (Endosymbionten-Theorie).

Bei den Chloroplasten ist die innere Membran nicht eingestülpt, sondern die "Einstülpungen" haben sich von der inneren Membran losgelöst und liegen in Form von zisternenartigen Thylakoiden im Stroma vor. Als Stroma wird das Plasma im Inneren eines Chloroplasten bezeichnet. Häufig sind die Thylakoide übereinander gestapelt, die Stapel sehen dann aus die Stapel aus Münzen. Diese Stapel werden als Grana (lat. granum = das Korn) bezeichnet [1]. Häufig wird auch zwischen Grana- und Stroma-Thylakoiden unterschieden.

Heute weiß man, dass die einzelnen Thylakoide Bestandteil eines Netzwerkes sind, sie sind untereinander verbunden, zu einem Thylakoidraum. Nicht verbunden ist der Thylakoidraum allerdings mit dem Membranzwischenraum. Thylakoidraum und Membranzwischenraum sind zwei verschiedene Kompartimente innerhalb des Chloroplasten. Das Stroma ist dann das dritte Kompartiment.

Chloroplast im Querschnitt

Querschnitt durch einen Chloroplasten
Autor: Ulrich Helmich 1978, Lizenz: siehe Seitenende

An der Membran der Thylakoide findet die Lichtreaktion der Photosynthese statt. Die Dunkelreaktion läuft dagegen im Stroma ab.

Chloroplast, Thylakoidstapel

Thylakoidstapel in einem Chloroplasten
Autor: Ulrich Helmich 1978, Lizenz: siehe Seitenende

Chloroplast, räumliches Schema

Räumliches Schema eines Chloroplasten
Autor: Ulrich Helmich 1978, Lizenz: siehe Seitenende

Diese alte Zeichnung aus meinen Studientagen (1978) stellt ein räumliches Schema eines Chloroplasten dar. Die Chloroplasten-DNA ist in Rot dargestellt.

Stromuli

Manche Chloroplasten können chlorophyllfreie Ausläufer bilden, die schon Ende des 19. Jahrhunderts als Stromuli bezeichnet wurden. Auch können mehrere Chloroplasten durch solche Stromuli verbunden sein. Im 20. Jahrhundert tauchte dann die Hypothese auf, dass alle Chloroplasten eine Zelle ein Netzwerk bilden, bei dem die einzelnen Chloroplasten durch die Stromuli miteinander verbunden sind. Einige molekularbiologische Beobachtungen am Ende des 20. Jahrhunderts unterstützten diese Hypothese. Führte man gentechnisch bestimmte Gene in einen Chloroplasten ein, so konnte man kurze Zeit später beobachten, dass diese Gene auch in den anderen Chloroplasten vorkamen. Weitere Versuche mit fluoreszenzmarkierten Proteinen widerlegten dann jedoch diese Hypothese. Die Fluoreszenz verblieb in dem einen Chloroplasten und breitete sich nicht in die anderen Chloroplasten der Zelle aus. Jeder Chloroplast bildet also ein Kompartiment für sich, das nicht mit den anderen Chloroplasten verbunden ist - zumindest ist das der Wissensstand von 2021 [1].

In neueren wissenschaftlichen Arbeiten wie zum Beispiel [4] wird diskutiert, ob sich von diesen Stromuli nicht zumindest Vesikel lösen können, die dann beispielsweise mit der Vakuole der Pflanzenzelle verschmelzen. Dies würde die in [1] geäußerte Hypothese bestätigen, dass die äußere Chloroplasten-Membran an dem Membranfluss in der Zelle beteiligt ist.

Vermehrung

Chloroplasten stammen von photosynthetisch aktiven Prokaryoten ("Blaualgen") ab (Endosymbionten-Theorie) und können sich daher durch Teilung vermehren. Sie haben eine eigene ringförmige DNA, ähnlich wie Bakterien, und eigene Ribosomen, die den Ribosomen von Bakterien entsprechen. Allerdings sind die meisten Gene der ursprünglichen Bakterien-DNA in den Zellkern der Pflanzenzelle "ausgewandert". Die meisten Proteine der Chloroplasten werden nämlich im Cytoplasma hergestellt, die entsprechenden Gene sitzen in der DNA des Zellkerns. Nur ganz wenige Chloroplasten-Proteine werden noch in der Chloroplasten-DNA codiert und an den Chloroplasten-Ribosomen synthetisiert.

Quellen:

  1. Kadereit , Körner, Nick, Sonnewald: Strasburger - Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften, 38. Auflage, Springer Berlin Heidelberg 2021.
  2. Schopfer, Brennicke, Pflanzenphysiologie, 7. Auflage, Springer Berlin Heidelberg 2021
  3. Wikipedia, Artikel "Porine"
  4. Maureen R. Hanson,  Kevin M. Hines: "Stromules: Probing Formation and Function" in Plant Physiology, Volume 176, Issue 1, January 2018, Pages 128–137.
  5. engl. Wikipedia, Artikel "TIC/TOC complex".