Helmichs Biologie-Lexikon

Rekombinationsprozesse

Unter dem Begriff "Rekombination" versteht man in der Genetik (und in der Evolutionsbiologie) all die Prozesse, die dazu führen, dass das Erbgut bei der Weitergabe an die Nachkommen nach dem Zufallsprinzip "vermischt" wird. Diese Rekombinationsprozesse sind eine der Hauptursachen für die genetische Variabilität.

Bei der sexuellen Fortpflanzung werden die Gene der Eltern neu gemischt, und zwar auf vier verschiedenen Ebenen.

  1. Erstens findet bei der Meiose die Paarung der homologen Chromosomen statt. Das vom Vater stammende Chromosom Nr. 1 legt sich mit dem mütterlichen Chromosom Nr. 1 zusammen, das väterliche Chromosom Nr. 2 paart sich mit dem mütterlichen Chromosom Nr. 2 und so weiter. In der Metaphase der ersten Reifeteilung der Meiose ordnen sich die Chromosomenpaare in der Äquatorialebene der Zelle an. Dabei ist es jeweils dem Zufall überlassen, ob das väterliche Chromosom auf der einen Seite der Äquatorialebene liegt oder das mütterliche Chromosom. Bei 2n = 4 gibt es bereits vier verschiedene Keimzellen, die sich bei der Meiose bilden können, bei 2n = 6 sogar acht verschiedene Keimzellen. Bei 2n = 23 (Chromosomensatz des Menschen) können 223 verschiedene Keimzellen entstehen.
  2. Durch Crossing-Over, dem Austausch von Chromosomenbruchstücken während der Paarung der homologen Chromosomen in der ersten meiotischen Teilung, wird diese Rekombination noch verstärkt. Gene des väterlichen Chromosoms Nr. 3 werden auf das mütterliche Chromosom Nr. 3 übertragen und umgekehrt. Welche Gene hierbei übertragen werden, hängt wieder vom Zufall ab.
  3. Bei der Befruchtung schließlich hängt es vom Zufall ab, welche der vielen Samenzellen sich mit der Eizelle vereinigt. Ein Mann kann 223 verschiedene Samenzellen bilden, eine Frau entsprechend 223 verschiedene Eizellen. Somit gibt es für eine Befruchtung beim Menschen 246 verschiedene Kombinationsmöglichkeiten.
  4. Bei manchen Arten kommt eine vierte Ebene der Rekombination hinzu, nämlich die Wahl des Fortpflanzungspartners. Auch hier kann der Zufall eine entscheidende Rolle dabei spielen, welche Gene miteinander vermischt werden.