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Ein gentechnisches Verfahren

Allgemeines

Viele Menschen leiden an der Zuckerkrankheit (Diabetes), die durch einen Mangel des Hormons Insulin verursacht wird. Solche Menschen mussten sich vor 1982 täglich oder sogar vor jeder Mahlzeit Insulin spritzen, das aus Schweinen oder Rindern gewonnen wurde. Diese beiden Insulintypen ähneln zwar dem menschlichen Insulin bis auf wenige Aminosäuren, doch sind die Unterschiede immerhin so groß, dass das menschliche Immunsystem bei manchen Patienten Antikörper gegen Schweine- oder Rinderinsulin produziert.

Geschichtlicher Überblick

Im Jahre 1978 gelang es W. Gilbert, ein aus Ratten isoliertes Insulin-Gen in Bakterien der Art Escherichia coli einzubauen, 1980 gelang das gleiche Verfahren mit dem menschlichen Insulin-Gen, und seit 1982 wird gentechnisch produziertes Humaninsulin in großem Maßstab hergestellt.

Vorteile des gentechnisch hergestellten Insulins

Gentechnisch hergestelltes Humaninsulin hat vier Hauptvorteile gegenüber Schweine- oder Rinderinsulin:

  1. Die Gewinnung des Insulins ist prinzipiell einfacher, und in gleicher Zeit können größere Mengen gewonnen werden.
  2. Keine Antikörperbildung gegen das Hormon, also auch keine allergischen Reaktionen.
  3. Sehr geringe Gefahr der Übertragung von Infektionskrankheiten, wenn sorgfältig gearbeitet wird.
  4. Höhere Wirksamkeit, da menschliches Insulin perfekt in die Insulinrezeptoren der Zielzellen passt.

Sowohl die Pharmaindustrie (Punkt 1) wie auch die Patienten (Punkte 2 bis 4) profitieren also von der gentechnischen Herstellung des Humaninsulins.

Grundprinzip des gentechnischen Verfahrens

Ich möchte nun auf das Grundprinzip des gentechnischen Verfahrens der Insulinherstellung eingehen. Wenn man Bakterien dazu bringen möchte, menschliches Insulin herzustellen, so muss man das menschliche Insulingen in Bakterien einschleusen, so dass der bakterielle Transkriptions- und Translationsapparat das Gen in ein funktionsfähiges Insulin-Peptid übersetzt.

Auf die grundsätzlichen Probleme, die man hat, wenn man eukaryotische DNA in prokaryotische Zellen einbringt und exprimieren lassen will, möchte ich an dieser Stelle aus Zeit- und Platzgründen nicht eingehen. Die in eukaryotischen Genen enthaltenen Introns können vom prokaryotischen Proteinsynthese-Apparat nicht entfernt werden, und viele eukaryotische Proteine werden nach der Transkription noch prozessiert, also im Golgi-Apparat und im endoplasmatischen Reticulum verändert, was die Bakterienzelle auch nicht zu leisten vermag. Das sollte für den Anfang erst mal an Problembeschreibungen reichen.

gentechnische Insulinherstellung

Menschliche Insulin-DNA wird in Bakterien übertragen, die daraufhin jede Menge menschliches Insulin herstellen.Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

In der Gentechnik verwendet man für das Einschleusen eukaryotischer DNA in Bakterien sogenannte Plasmide, wie sie auch in der Natur vorkommen. Plasmide sind ringförmige kleine DNA-Moleküle, die den Bakterien Eigenschaften wie z.B. Antibiotikaresistenz verleihen. Das Tolle an Plasmiden ist, dass sie erstens leicht von Bakterienzellen aufgenommen werden und dass sie zweitens künstlich und nach Maß herzustellen sind. Inzwischen kann man viele künstliche Plasmide im Internet kaufen.

Die Gentechniker müssen jetzt "nur noch" ein solches Plasmid öffnen, die menschliche Insulin-DNA einbauen, das Plasmid wieder schließen, und dann in Bakterienzellen einschleusen. Den Rest erledigen die Bakterien dann von selbst…

Probleme bei der gentechnischen Insulinherstellung

das fertige Insulin

Das "fertige" Insulin besteht aus zwei Peptid-Ketten, die durch Disulfidbrücken miteinander verknüpft sind.Autor: Ulrich Helmich 2016, Lizenz: siehe Seitenende.

Wie man auf der Abbildung gut erkennen kann, besteht das "fertige" Insulin-Molekül aus zwei Peptidketten, die durch Disulfidbrücken miteinander verknüpft sind. Direkt nach der Translation besteht das "unfertige" Insulin jedoch aus einem längeren Peptid. Im Golgi-Apparat und im endoplasmatischen Reticulum wird dieses längere Peptid dann in drei Teile zerschnitten. Die beiden längeren Ketten werden dann mit Hilfe von zwei Disulfidbrücken miteinander wieder verbunden - und fertig ist das Insulin.

Zurück zum Insulin. Nun haben Bakterien aber keinen Golgi-Apparat und kein endoplasmatisches Reticulum. Das in Bakterien produzierte Humaninsulin könnte also nicht in die fertige Form umgewandelt werden.

Die Problemlösung, auf die die Gentechniker gekommen sind, sieht so aus:

  • Für jede der beiden Ketten des "fertigen" Insulins wird eine künstliche DNA hergestellt.
  • Die DNA für die A-Kette wird in einen Bakterienstamm eingebaut,
    die DNA für die B-Kette in einen zweiten Bakterienstamm.
  • Die A-Ketten und die B-Ketten werden dann getrennt synthetisiert.
  • Die isolierten A- und B-Ketten werden dann zusammengeführt, indem man die
    Cystein-Bausteine der Ketten miteinander reagieren lässt, so dass sich
    Disulfidbrücken bilden.

Einzelheiten der gentechnischen Insulinherstellung

Die Details erfahren Sie auf den Unterseiten bzw. Lexikonseiten: