Home > Biologie > Neurobiologie > Grundlagen > Synaptische Übertragung

Die motorische Endplatte im Detail

Aufbau - mot. Endplatte - erregende/hemmende Synapsen - Verschaltung

Die motorische Endplatte ist die Verbindungsstelle zwischen einer motorischen Nervenzelle und einer Muskelzelle. Diese spezielle Synapse zeichnet sich durch eine recht einfach zu verstehende Funktionsweise aus. Daher wird die motorische Endplatte häufig in Schulbüchern als "typische Synapse" behandelt. Ich persönlich spreche immer von der "Schulbuchsynapse", wenn ich die motorische Endplatte meine.

Überblick

Wenn ein Aktionspotenzial das Endknöpfchen der motorischen Endplatte erreicht, öffnen sich spannungsgesteuerte Calciumkanäle, durch die Calciumionen in das Endknöpfchen eindringen.

Aktionspotenziale bewirken, dass sich spannungsgesteuerte Ca2+-Kanäle öffnen und die Ca2+-Ionen mit dem Konzentrationsgefälle und mit dem Ladungsgefälle (innen negativ!) in das synaptische Endknöpfchen einströmen.

Aktionspotenziale führen zur Öffnung von Calciumkanälen im synaptischen Endknöpfchen

Die Calciumionen-Konzentration im Außenmedium der Synapse ist mit 2 mmol/l bedeutend höher als im Zellinnern mit 0,0002 mmol/l (Verhältnis 10.000:1) [6, S. 75], die Ionen strömen also mit dem Konzentrationsgradienten in die Zelle hinein. Außerdem werden sie von der negativen Ladung der Membraninnenseite regelrecht angezogen.

Die Ca2+-Ionen bewirken, dass sich die synaptischen Vesikel in Richtung präsynaptische Membran bewegen

Die Calcium-Ionen bewirken das Verschmelzen der synaptischen Vesikel mit der präsynaptischen Membran

Die Ca2+-Ionen helfen mit, dass sich die synaptischen Vesikel in Richtung präsynaptische Membran bewegen und mit ihr verschmelzen (Exocytose).

Exocytose

Auf dieser Lexikonseite finden Sie nähere Informationen zum Vorgang der Exocytose (getriggerte und ungetriggerte E.)

Nach einer älteren Modellvorstellung setzen sich die Calcium-Ionen an bestimmte Proteinfasern, die das synaptische Endknöpfchen durchziehen. Dabei handelt es sich um Transportproteine, die mit den synaptischen Vesikeln verbunden sind. Wenn sich die Calcium-Ionen an diese Proteine setzen, kontrahieren die Fasern und schleppen die synaptischen Vesikel "als Gepäck" mit in Richtung synaptischen Spalt.

Nach neueren Vorstellungen wirken die Calcium-Ionen aber hauptsächlich auf die Fusion (Verschmelzung) der synaptischen Vesikel mit der präsynaptischen Membran.

Aufklärung des Vesikeltransports

Auf dieser Vertiefungsseite werden die aktuellen Erkenntnisse zu diesem komplexen Vorgang in leicht verständlicher Weise dargestellt. Im Jahre 2013 gab es hierfür den Nobelpreis für Medizin [1].

Synthese des Acetylcholins

Es gibt viele verschiedene Neurotransmitter. In der motorischen Endplatte übernimmt Acetylcholin die Rolle des Neurotransmitters. Das Acetylcholin ist eine Verbindung aus Essigsäure und Cholin. Im Gegensatz zu anderen Neurotransmittern wird Acetylcholin direkt im synaptischen Endknöpfchen synthetisiert und in Vesikel verpackt. Die Enzyme, die für die Acetylcholin-Synthese erforderlich sind, werden allerdings im Soma der Nervenzelle hergestellt und dann in das synaptische Endknöpfchen transportiert [3] (siehe "axonaler Transport" im Lexikon).

Bei Wirbeltieren wird Acetylcholin von dem Enzym Cholinacetyl-Transferase aus Acetyl-Coenzym A und Cholin synthetisiert [4].

Das so hergestellte Acetylcholin gelangt dann über Transportproteine in die synaptischen Vesikel. Jedes der bis zu 1.000.000 synaptischen Vesikel kann bis zu 10.000 Acetylcholin-Moleküle enthalten [3, 5].

Depolarisierung der postsynaptischen Membran

Freisetzung der Neurotransmitter und Neurotransmitter-Rezeptoren in der postsynaptischen Membran

In der postsynaptischen Membran der motorischen Endplatte befinden sich ligandengesteuerte Natriumkanäle, welche normalerweise geschlossen sind (1). Jeder dieser Natriumkanäle hat auf der Außenseite eine spezielle Region, in die sich ein Neurotransmitter-Molekül (als Ligand) nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip setzen kann. Diese Region des Proteins wird als Rezeptorregion bezeichnet (2). Insgesamt spricht man von einem Acetylcholin-Rezeptor mit einer Rezeptorregion und einem Natrium/Kalium-Kanal.

cholinerge Neurone

Die motorischen Nervenzellen, die am präsynaptischen Teil der motorischen Endplatte beteiligt sind, gehören zu den cholinergen Neuronen. Das sind Nervenzelle, die Acetylcholin als Neurotransmitter ausschütten. Auf dieser Vertiefungsseite erfahren Sie viele weitere Fakten über cholinerge Neurone und die verschiedenen Typen von Acetylcholin-Rezeptoren (nikotinisch und muscarinisch).

Für Schüler(innen) der Sek. II ist diese Vertiefungsseite wahrscheinlich schon zu komplex, aber Sie können es ja gerne mal versuchen...

Die Neurotransmitter setzen sich in die postsynaptischen Rezeptoren

Setzt sich nun ein Neurotransmitter-Molekül in diese Rezeptorregion, so öffnet sich der Natriumkanal.

Durch einen so geöffneten Natriumkanal können sowohl Natrium-Ionen wie auch Kalium-Ionen in die postsynaptische Zelle eindringen. Welcher Ionenstrom dabei überwiegt, hängt vom Membranpotenzial der postsynaptischen Zelle ab:

Membranpotenzial negativ, zum Beispiel -60 mV

  • Natrium-Ionen strömen in die Zelle ein, chemisches und elektrisches Potenzial weisen in die gleiche Richtung: Nach innen.

Membranpotenzial positiv, zum Beispiel +20 mV

  • Kalium-Ionen strömen aus der Zelle aus. Auch hier weisen jetzt chemisches und elektrisches Potenzial in die gleiche Richtung: Nach außen.

Normalerweise ist die postsynaptische Membran einer Synapse negativ geladen, so dass in der Regel Natrium-Ionen in die Zelle strömen, sobald die Neurotransmitter freigesetzt werden. Dieser Natrium-Einstrom führt dann zu einer Depolarisierung des postsynaptischen Membran. Die Höhe dieser Depolarisierung hängt von der Menge der ausgeschütteten Neurotransmitter ab und unterliegt nicht dem Alles-oder-Nichts-Gesetz: Je mehr Neurotransmitter ausgeschüttet wurden, desto stärker die Depolarisierung an der postsynaptischen Membran. Diese Art der postsynaptischen Depolarisierung wird als "erregendes postsynaptisches Potenzial" bezeichnet mit mit EPSP abgekürzt.

Dieses EPSP breitet sich elektrotonisch über die gesamte Empfängerzelle aus. Handelt es sich bei der Empfängerzelle um eine Nervenzelle, so kommt es darauf an, ab das EPSP am Axonhügel noch so groß ist, dass dort der Schwellenwert für ein Aktionspotenzial erreicht wird. Ist dies der Fall, bildet das Empfänger-Neuron neue Aktionspotenziale aus. Normalerweise ist dies aber nicht der Fall. Eine Nervenzelle ist mit Hunderten anderer Nervenzelle verbunden. Zur Bildung von Aktionspotenzialen müssen meistens mehrere bis viele Synapsen gleichzeitig Neurotransmitter ausschütten (räumliche Summation).

Ist das Membranpotenzial der postsynaptischen Zelle positiv, so führt der Ausstrom von Kalium-Ionen zu einem Abfallen des Membranpotenzials, beispielsweise von +20 mV auf -30 mV.

Sollte der Neurotransmitter nicht die Na+/K+-Kanäle öffnen, sondern die Chlorid-Kanäle, kommt es zu einem Einstrom von negativ geladenen Chlorid-Ionen. Dann ist eine Hyperpolarisierung der postsynaptischen Membran die Folge, zum Beispiel von -60 mV auf -80 mV.

Bei der "Schulbuchsynapse" allerdings setzen sich die Neurotransmitter (hier Acetylcholin) in Na+/K+-Kanäle der Membran von Muskelzellen. Der Einstrom von Na+-Ionen sorgt recht schnell für Aktionspotenziale in der Muskelzelle, was dann die Freisetzung von Calcium-Ionen aus zelleigenen Calcium-Speichern zur Folge hat. Und das wiederum führt zur Kontraktion der Actin- und Myosin-Fibrillen in den Muskelzellen, also zur Kontraktion des Muskels.

Wiederherstellung des Ruhezustandes

Durch das Eindringen der Na+-Ionen wird eine kurzzeitige Depolarisierung der postsynaptischen Membran bewirkt. Allzu lange darf diese Depolarisierung aber nicht andauern, wenn die Informationsübertragung an der Synapse einigermaßen gut funktionieren soll. Daher sorgen zwei Faktoren für eine möglichst schnelle Wiederherstellung des ursprünglichen Ruhezustands der motorischen Endplatte.

  1. Viele Moleküle eines transmitterspaltenden Enzyms im synaptischen Spalt sorgen dafür, dass die Neurotransmitter rasch wieder abgebaut werden, so dass die Zahl der geöffneten Natriumkanäle stark zurückgeht.
  2. Viele Moleküle der Na+/K+-Pumpe transportieren überschüssige Natriumionen schnell wieder aus der Zelle heraus.

Bei den Synapsen im Gehirn (also nicht bei der neuromuskulären Endplatte) sorgen außerdem bestimmte Gliazellen dafür, dass die Neurotransmitter-Konzentration rasch wieder abnimmt, indem sie die Neurotransmitter aufnehmen.

Abbau der Neurotransmitter im synaptischen Spalt

Ein Enzym (1) der postsynaptischen Membran kann die Neurotransmitter wieder abbauen (2 = Spaltprodukte). So wird eine Dauererregung der postsynaptischen Membran verhindert.

Bei der motorischen Endplatte heißt dieses Enzym Acetylcholinesterase, es spaltet also den Neurotransmitter Acetylcholin in den Alkohol Cholin und die Carbonsäure Essigsäure.

Die Transmitterspaltprodukte werden wieder in das Endknöpfchen der motorischen Endplatte transportiert. Zu diesem Zweck befinden sich spezielle Transportproteine in der präsynaptische Membran, die aber in der obigen Abbildung nicht zu sehen sind.

Im Endknöpfchen der Synapse werden die Transmitterbausteine wieder zu kompletten Neurotransmittern zusammengesetzt und dann in neu gebildete synaptische Vesikel verpackt. Die hierzu erforderlichen Enzyme sind in der Abbildung ebenfalls nicht zu sehen.

Die Calcium-Ionen, die in das Endknöpfchen geströmt sind, müssen am Ende des Prozesses wieder unter ATP-Verbrauch hinaus gepumpt werden. Dazu befinden sich Calcium-Pumpen im synaptischen Endknöpfchen, die - Sie haben es schon erraten - auch wieder nicht in der Abbildung zu sehen sind.

Nun kann das nächste Aktionspotenzial kommen und den selben Prozess erneut auslösen.

Quellen:

  1. "Pünktlich von A nach B" auf Spektrum.de vom 7. Oktober 2013.
  2. "Was uns schnell schalten lässt" auf Spektrum.de vom 15.11.2007.
  3. Savada, Hillis, Heller, Hacker: Purves Biologie, Springer Verlag Deutschland 2019, 10. Auflage. Herausgegeben von Jürgen Markl. Seite 1363ff.
  4. Spektrum-Lexikon der Neurowissenschaft, Artikel "Acetylcholin".
  5. Wikipedia, Artikel "Acetylcholin"
  6. Bear, Connors, Paradiso: Neurowissenschaften, Springer-Verlag 2018