Helmichs Chemie-Lexikon

Nucleophile

Basen und Nucleophile

Basen sind Verbindungen mit einem freien Elektronenpaar. Brönsted-Basen können Protonen anlagern, Lewis-Basen können sich mit Lewis-Säuren verbinden, das sind Teilchen mit einem leeren Orbital (bzw. einer leeren Kugelwolke).

Nucleophile dagegen sind Basen, die sich mit Carbenium-Ionen verbinden oder die positiv polarisierte Kohlenstoff-Atome angreifen.

Drei Arten von Nucleophilen

Man unterscheidet zwischen anionischen Nucleophilen und neutralen Nucleophilen. Außerdem gibt es ambifunktionelle Nucleophile.

Anionischen Nucleophile:
  • Das Hydroxid-Ion OH-
  • Das Alkoholat-Ion RO-
  • Das Thiolat-Ion RS-
  • Die Halogenid-Ionen Cl-, Br- und I-
  • Das Cyanid-Ion CN-
  • und mehr ...
Neutralen Nucleophile:

Auch heterozyklische Aromaten wie Pyridin können wegen des freien Elektronenpaars des N-Atoms im Ring als Lewis-Basen und Nucleophile auftreten.

Ambifunktionelle Nucleophile:

Als ambifunktionelle Nucleophile bezeichnet man beispielsweise die beiden folgenden Ionen:

  • Das Cyanid-Ion -C≡N:
  • Das Nitrit-Ion O=N-O-

Zwar befindet sich die negative Ladung des Cyanid-Ions am C-Atom, doch hat auch das N-Atom ein freies Elektronenpaar und ist elektronegativ, kann also ebenfalls als nucleophiles Zentrum fungieren. Wenn ein Cyanid-Ion also als Nucleophil auftritt, können sowohl Nitrile R-C≡N wie auch Isocycanide R-N≡C gebildet werden, je nach Reaktionspartner und Reaktionsbedingungen. Bei der Bildung von Nitrilen greift das Cyanid-Ion das Substrat mit seinem C-Atom an, bei der Bildung von Isocyaniden dagegen greift es das Substrat mit seinem N-Atom an.

Auch das Anion NO2- der salpetrigen Säure HNO2 ist ein solches ambifunktionelles Nucleophil. Es kann ein geeignetes Substrat sowohl mit dem O-Atom wie auch mit dem N-Atom angreifen.

Gemeinsamkeiten aller Nucleophile:

1. Sie besitzen ein stark elektronegatives Atom (O, N, Cl etc.)

2. An diesem elektronegativen Atom befindet sich mindestens ein freies Elektronenpaar.

Genau die gleichen Voraussetzungen werden auch von den Lewis-Basen erfüllt.

Unterschied Nucleophil - Lewis-Base

Nicht alle Nucleophile sind gleichzeitig gute Lewis-Basen, und nicht alle Lewis-Basen sind gleichzeitig gute Nucleophile.

Wenn eine Lewis-Base aus einem sehr großen Molekül oder Ion besteht, dann kann sie zwar die kleinen Protonen aufnehmen (also als Brönsted-Base wirken), aber nicht mehr mit dem positiv polarisierten oder geladenem C-Atom eines organischen Moleküls reagieren.

Nucleophilie

Unter diesem Begriff versteht man die Stärke eines Nucleophils. Je nach Lösemittel, Temperatur und anderen Reaktionsbedingungen gibt es starke, mittelstarke und schwache Nucleophile. In wässriger Lösung ist beispielsweise das Iodid-Ion ein stärkeres Nucleophil als das Chlorid-Ion, in Aceton dagegen ist das Chlorid-Ion ein stärkeres Nucleophil als das Iodid-Ion.

Nucleophilie

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Quellen:

  1. M. A. Fox, J. K. Whitesell: Organische Chemie - Grundlagen, Mechanismen, bioorganische Anwendungen. 1. Auflage, Heidelberg 1995.
  2. K. P. C. Vollhard, N.E. Schore: Organische Chemie. 6. Auflage, Weinheim 2020.
  3. J. Clayden, N. Greeves, S. Warren: Organische Chemie. Berlin 2013.
  4. R. T. Morrison, R. N. Boyd, S. K. Bhattacharjee: Organic Chemistry. 7. Auflage, Dorling Kindersley 2011.
  5. Organikum, 22. Auflage, Weinheim 2004.
  6. J. Falbe, M. Regitz (Herausgeber): Römpp Chemie Lexikon in 6 Bänden. 9. Auflage, Stuttgart, New York 1989-1992.