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Biologischer Ergänzungswert

Analyse einer Mahlzeit

Bereits auf der Seite über die biologische Wertigkeit hatten wir drei Proteine analysiert, nämlich das Erbsenprotein (grüne Erbsen, ungeschält, wie man sie als Beilage verwendet), das Schnitzelprotein und das Kartoffelprotein. Wir wollen nun eine komplette Mahlzeit analysieren und herausfinden, welche biologische Wertigkeit die drei Proteine zusammen haben. Vielleicht kann ja der Mangel einer essentiellen Aminosäure in dem einen Nahrungsmittel durch einen entsprechenden Überschuss in einem anderen Bestandteil der Mahlzeit ausgeglichen werden.

Erbsen

Eine Portion Erbsen besteht normalerweise aus 80 bis 100g. Der Einfachheit halber wählen wir eine 100g-Portion, dann muss man gleich nicht so viel rechnen. Allerdings enthalten die 100g Erbsen nur rund 7g Erbsenprotein.

Die folgende Tabelle zeigt die Verteilung der essentiellen Aminosäuren in 100 g Erbsenprotein (obere Zahlenreihe). 100g Erbsenprotein enthalten beispielsweise 4,43g Valin. Eine 100g-Portion Erbsen enthält allerdings nur 7g Erbsenprotein. Daher müssen wir berechnen, wie viel Gramm von jeder essentiellen Aminosäure in diesen 7g enthalten ist. Dazu multiplizieren wir die Werte der oberen Zahlenreihe mit dem Faktor 0,07 und erhalten dann die untere Zahlenreihe:

m(P) Val Leu Ile Thr Met Lys Phe Trp
100g 4,43 5,80 4,73 3,97 0,84 14,12 3,66 0,84
7g 0,31 0,41 0,33 0,28 0,06 0,99 0,26 0,06

100g Erbsen enthalten also nur 0,31g Valin, 0,41g Leucin und so weiter. Die biologische Wertigkeit von Erbsenprotein liegt bei mageren 37%, das hatten wir ja schon auf der letzten Seite ausgerechnet.

Schnitzel

Ein normal großes Schnitzel wiegt 150 bis 200 Gramm, manchmal auch 250g oder mehr. Um die Rechnung etwas zu vereinfachen, wählen wir ein 200g-Schnitzel. In 200g Schnitzel sind ca. 42g Protein enthalten.

In der Tabelle unten stehen in der oberen Zahlenreihe wieder die Anteile der essentiellen Aminosäuren in 100g Schnitzel-Protein. Um auszurechnen, wie stark jede Aminosäure in den 42g Schnitzelprotein vorkommt, müssen wir die Zahlen der oberen Reihe mit 0,42 multiplizieren:

m(P) Val Leu Ile Thr Met Lys Phe Trp
100g 5,19 7,36 5,14 4,66 2,50 8,22 3,94 1,30
42g 2,18 3,09 2,16 1,96 1,05 3,45 1,65 0,55

Ein 200g-Schnitzel enthält also 2,18g Valin. Die biologische Wertigkeit von Schnitzelprotein beträgt 84%.

Kartoffeln

Für Kohlenhydrat-Beilagen wie Kartoffeln rechnet man ca. 200g pro Portion, was unsere Rechnung auch wieder vereinfacht. In 200g Kartoffeln sind allerdings nur 4g Protein enthalten. Wir müssen also die Werte für 100g Protein mit 0,04 multiplizieren.

m(P) Val Leu Ile Thr Met Lys Phe Trp
100g 5,37 5,85 4,20 3,85 1,51 5,85 4,39 1,51
4g 0,21 0,23 0,17 0,15 0,06 0,23 0,18 0,15

In der ersten Zeile sieht man wieder die Werte für 100g, in der zweiten Zeile die Werte für 4g. Die biologische Wertigkeit von Kartoffelprotein liegt bei 67% (alle Werte aus dem aktuellen Schlieper-Buch "Grundfragen der Ernährung" von 2015).

Gesamtprotein

Als Nächstes untersuchen wir, wie groß der Anteil der essentiellen Aminosäuren in der gesamten aufgenommenen Mahlzeit ist. Unsere Versuchsperson hat 7g Erbsenprotein, 42g Schnitzelprotein und 4g Kartoffelprotein gegessen, verdaut und resorbiert (siehe auch Proteinverdauung auf dieser Homepage).

Addieren wir zunächst die Werte für die in diesen Proteinen enthaltenen Aminosäuren:

Protein Val Leu Ile Thr Met Lys Phe Trp
Erbsen 7g 0,31 0,41 0,33 0,28 0,06 0,99 0,26 0,06
Schnitzel 42g 2,18 3,09 2,16 1,96 1,05 3,45 1,65 0,55
Kartoffeln 4g 0,21 0,23 0,17 0,15 0,06 0,23 0,18 0,15
Mahlzeit 53g 2,70 3,73 2,64 2,39 1,17 4,67 2,09 0,76

Damit hätten wir jetzt die Aminosäuren-Werte für die gesamte Mahlzeit. Die Versuchsperson hat insgesamt 53g Protein zu sich genommen, und darin sind 2,7g Valin, 3,73g Leucin und so weiter enthalten.

Die Frage, die sich jetzt stellt, ist die:

Wie viel Gramm körpereigenes Protein kann ein Mensch aus diesen 53g Nahrungsprotein herstellen?

Dazu schauen wir uns einmal an, wie die Proteine des Menschen durchschnittlich zusammengesetzt sind. Der Fokus liegt hier natürlich wieder auf den essentiellen Aminosäuren, die anderen interessieren hier nicht so sehr.

Berechnung der Biologischen Wertigkeit der Mahlzeit
m(P) Val Leu Ile Thr Met Lys Phe Trp
100g KP 5,06 7,46 4,59 4,91 2,27 6,08 4,71 1,29
52g KP 2,63 3,88 2,39 2,55 1,18 3,16 2,45 0,67
52g NP 2,70 3,73 2,64 2,39 1,17 4,67 2,09 0,76
Deckung   96,1%   93,7%     85,3%  

Die Aminosäuren, die in dem Nahrungsprotein (NP) zu einem höheren Prozentsatz vertreten sind als im Körperprotein (KP), sind für die Berechnung der biologischen Wertigkeit völlig uninteressant, daher wurde hier auch keine Berechnung durchgeführt, die entsprechenden Zellen der unteren Reihe sind daher leer.

Viel interessanter sind die Aminosäuren der Nahrung, die den Bedarf des menschlichen Körpers nicht decken. Beim Leucin beträgt die Bedarfsdeckung gut 96%, beim Threonin knapp 94%, und beim Phenylalanin ca. 85%. Damit hätten wir die limitierende Aminosäure in dieser Mahlzeit ausgemacht: das Phenylalanin. Die Biologische Wertigkeit dieser speziellen Mahlzeit liegt also bei 85%; das ist ein recht guter Wert und übertrifft sogar den des Schnitzels. Außerdem schmeckt eine solche Mahlzeit besser als wenn man nur das Schnitzel essen würde.

Biologischer Ergänzungswert

Von einem Biologischen Ergänzungswert spricht man, wenn sich die einzelnen Nahrungsmittel einer Mahlzeit gegenseitig ergänzen, was die essentiellen Aminosäuren betrifft. Der Mangel einer Aminosäure A in dem Nahrungsmittel X kann durch einen Überschuss der Aminosäure A in dem Nahrungsmittel Y kompensiert werden.