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Lipide als Hauptkomponenten der Membranen

Micellen, Liposomen und Lipid-Doppelschichten

Die Grundlage einer jeden Membran, sei es die Zellmembran oder die Membran einer Zellorganelle wie zum Beispiel einer Golgi-Zisterne, ist die Lipid-Doppelschicht. Die Existenz solcher Lipid-Doppelschichten wurde 1925 von den Forschern Gorter und Grendel entdeckt (siehe auch "Geschichte der Membranforschung").

Schema einer Lipid-Doppelschicht
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: public domain.

Wie ist ein solches Membranlipid aufgebaut, und warum bilden Membranlipide in einer wässrigen Umgebung spontan solche Lipid-Doppelschichten?

In der groben Darstellung von Membranlipiden, so wie zum Beispiel in der Abbildung 1, erkennt man eine Kopfregion (hier blau gezeichnet) und eine Schwanzregion (gelb gezeichnet). Die Kopfregion eines Membranlipids hat hydrophile Eigenschaften, ist also wasserliebend, während die Schwanzregion hydrophobe Eigenschaften hat, also wassermeidend ist. Moleküle, die an einem Ende hydrophil und am anderen Ende hydrophob sind, bezeichnet man als amphipatisch.

Gibt man solche Moleküle mit Wasser zusammen, dann organisieren sich die Lipide so, dass die hydrophoben "Schwänze" möglichst wenig Kontakt mit Wasser haben.

Micellen, Liposomen und Lipid-Doppelschichten
Quelle: Wikipedia, Artikel "Liposom", Autor: LadyofHats, Lizenz: public domain

Je nach Umgebungsbedingungen können sich dann Micellen, Liposomen oder Lipid-Doppelschichten bilden. In der Abbildung 2 konnte die Lipid-Doppelschicht nicht vollständig dargestellt werden, sondern es ist nur ein kleiner Ausschnitt zu sehen. In einer echten Zellmembran ist die Lipid-Doppelschicht komplett geschlossen, die hydrophoben Schwanzregionen sind an keiner Stelle dem Wasser ausgesetzt. Sollte es einmal zu einer Verletzung der Doppelschicht kommen, dann schließt sich das Loch in der Membran sofort wieder, indem sich andere Lipid-Moleküle in die Stelle setzen und das Loch sofort wieder verschließen.

Membranlipide

Membranlipide sind amphipatische Moleküle: Sie haben ein hydrophiles Ende und ein hydrophobes. In einer wässrigen Umgebung bilden sie Micellen, Liposomen oder Lipid-Doppelschichten, so dass die hydrophoben Enden der Lipide keinen Kontakt mit Wasser haben.

Aufbau eines typischen Membranlipids

Wie bereits eben gesagt, sind Membranlipid amphipatische Moleküle, haben also einen hydrophilen "Kopf" und einen oder zwei hydrophobe "Schwänze". Wir wollen uns nun den Aufbau eines typischen Membranlipids näher anschauen und wählen dazu ein Lecithin-Molekül. Lecithine sind eine sehr verbreitete Klasse von Membranlipiden, in fast jedem Schulbuch ist ein Lecithin als typischer Vertreter der Membranlipide abgebildet.

Lecithin - ein wichtiges Membranlipid

Ein Phospholipid
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz siehe Seitenende.

Das in der Abbildung gezeigte Lecithin besteht aus fünf Komponenten oder Bausteinen:

  1. Glycerin als zentrales Element oder Grundgerüst.
  2. Eine gesättigte Fettsäure an der Position 1 des Glycerins (meistens).
  3. Eine ungesättigte Fettsäure an der Position 2 des Glycerins (meistens).
  4. Eine Phosphorsäure an der Position 3 des Glycerins.
  5. Einem Cholin an der anderen Seite der Phosphorsäure.

Die einzelnen Komponenten des Lecithins sind durch Esterbindungen miteinander verknüpft. Eine Esterbindung entsteht immer dann, wenn die OH-Gruppe einer Säure mit der OH-Gruppe eines Alkohols reagiert. Glycerin und Cholin sind Alkohole, und die Fettsäuren und die Phosphorsäure sind Säuren mit OH-Gruppen.

Die beiden Fettsäure-Reste des Lecithins bilden nun den hydrophoben "Schwanz" des Moleküls, während der Phosphorsäure-Rest mit dem angehängten Cholin-Rest den hydrophilen "Kopf" bildet.

Von "Resten" ist hier die Rede, weil ja keine komplette Phosphorsäure H3PO4 im Molekül vorhanden ist, sondern nur das, was von der Phosphorsäure nach dem Einbau in das Lecithin-Molekül übrig geblieben ist. Entsprechendes gilt für die beiden Fettsäuren, das Glycerin und das Cholin.

Im weiteren Verlauf dieser Seite und der Folgeseiten werden die Membranlipid-Moleküle stark vereinfacht dargestellt:

Lipid-Symbole

So wie rechts im Bild werden wir in Zukunft amphipatische Membranlipide symbolisieren
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz siehe Seitenende.

Links im Bild sehen wir noch einmal die um 90º gedrehte Strukturformel eines Lecithin-Moleküls, rechts im Bild die übliche vereinfachte Darstellungsweise.

Bei den Lipid-Doppelschichten, die ja die Grundlage einer jeden Membran sind, richten sich die Lipid-Moleküle so aus, dass die hydrophoben Fettsäure-Reste möglichst wenig bis gar keinen Kontakt mit dem wässrigen Medium innerhalb und außerhalb der Zelle haben. Die hydrophilen Phosphorsäure- und Cholin-Reste können dagegen H-Brücken und Dipol-Dipol-Wechselwirkungen mit den H2O-Molekülen des wässrigen Mediums ausbilden.

Phospholipide

Ein Phospholipid besteht aus einem Glycerin-Molekül, das mit zwei Fettsäure-Molekülen und einem Phosphorsäure-Molekül verestert ist. Das Phosphorsäure-Molekül ist seinerseits mit einem polaren Alkohol verknüpft. Die hydrophile Kopfregion eines Phospholipids besteht aus dem Phosphorsäure- und dem Alkohol-Rest, die hydrophobe Region aus den beiden Fettsäure-Resten.

gesättigte Fettsäuren
ungesättigte Fettsäuren

Auf diesen Seiten des Chemie-Lexikons finden Sie alles Wichtige über gesättigte und ungesättigte Fettsäuren.

Einteilung der Membranlipide

Lecithine sind die Musterbeispiele für Membranlipide. Neben diesen Verbindungen, bei denen Glycerin mit zwei Fettsäuren und einer Phosphorsäure verestert ist, die ihrerseits mit dem Alkohol Cholin verknüpft ist, gibt es aber viele andere Membranlipide, die teils ähnlich, teils völlig anders aufgebaut sind. Man kann die Membranlipide auf verschiedene Weisen einteilen. Bewährt hat sich das zweidimensionale System, wie es beispielsweise in dem aktuellen Lehninger-Lehrbuch vorgeschlagen wird:

Beschreibung siehe folgenden Text

Einteilung der Membranlipide laut Lehninger [3]
Autor: Ulrich Helmich, nach einer Abbildung aus dem aktuellen Lehninger, Lizenz: siehe Seitenende

Einerseits kann man die Membranlipide nach der "funktionellen Gruppe" einteilen in Phospholipide mit Phosphat und einem Alkohol und Glycolipide mit einem Mono- oder Oligosaccharid.

Andererseits kann man die Membranlipide nach dem "Rückgrat" einteilen in Glycero-Lipide mit Glycerin als Rückgrat und Sphingo-Lipide mit Sphingosin als Rückgrat.

Ich habe in der Abbildung versucht, beide Einteilungsmöglichkeiten zu illustrieren, was der Lehninger übrigens nicht macht. Die Sterine passen nicht so richtig in das Schema, sind aber dennoch sehr wichtige Membranlipide, wie das Beispiel Cholesterin zeigt.

Phospholipide

Unter Phospholipiden versteht man Membranlipide, die einen Phosphorsäure-Rest enthalten. Somit ist das "Musterlipid" Lecithin ein Phospholipid.

Phospholipide

Auf diesen Seiten des Chemie-Lexikons finden Sie weitere Informationen über diese Gruppe der Membranlipide.

Glycolipide

Unter diesem Begriff versteht man Membranlipide, deren Moleküle einen Zucker enthalten, entweder ein Monosaccharid wie Glucose oder Galactose, oder ein kurzes Oligosaccharid aus drei, vier oder mehr Monosacchariden.

Glycolipide

Auf diesen Seiten des Chemie-Lexikons finden Sie weitere Informationen über diese Gruppe der Membranlipide.

Glycerolipide

Das sind Lipide, deren Grundgerüst ein Glycerin-Molekül ist. Das Lecithin und viele andere Phospholipide gehören zu den Glycerolipiden. Phospholipide mit Glycerin als Grundgerüst werden auch als Glycero-Phospholipide bezeichnet.

Glycerolipide

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Sphingolipide

Diese Lipide enthalten ein Sphingosin-Molekül als Grundgerüst. Ist auch noch ein Phosphorsäure-Rest im Molekül enthalten, spricht man von einem Sphingo-Phospholipid.

Sphingolipide

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"Exotische" Membranlipide

Bisher haben wir hauptsächlich über die Membranlipide gesprochen, wie sie in Eukaryotenzellen vorkommen. Bei Prokaryoten, vor allem jedoch bei den Archaeen, die ja auch zu den Prokaryoten gehören, sieht die Sache aber schon ganz anders aus. Neben den uns bereits bekannten Membranlipiden kommen hier zahlreiche, zum Teil noch gar nicht vollständig erforschte "exotische" Lipide in den Zellmembranen vor.

Hier ein besonders schönes Beispiel für ein exotisches Membranlipid:

Beschreibung siehe folgenden Text

Ein Phospholipid, wie es in Archaeen vorkommen könnte
Autor: Ulrich Helmich, nach einer Abbildung aus [2], Lizenz: siehe Seitenende

Wir wollen das Lipid zunächst einer der Lipid-Klassen zuordnen. Da zwei Phosphorsäure-Reste vorhanden sind, gehört das Lipid zu den Phospholipiden. Gleichzeitig sind auch zwei Glycerin-Reste vorhanden, somit ist das Lipid ein Glycerolipid. Fasst man beide Merkmale zusammen in einem Begriff, so erhält man: Glycero-Phospholipid.

Das ist aber auch schon alles, was dieses Lipid mit normalen Glycero-Phospholipiden gemein hat. Schauen wir uns einmal die "Fettsäuren" an. Wenn man sich nur ein wenig mit organischer Chemie auskennt, sieht man schnell, dass die langen Kohlenstoffketten überhaupt keine Fettsäure-Reste sind. Bei Fettsäure-Resten müssten wir noch die Carbonylgruppen (C=O-Gruppen) sehen, hier sind diese aber nicht vorhanden. Also enthält das Lipid keine Fettsäure-Reste, sondern Reste von Diolen, zweiwertigen Alkoholen. Diese Diole haben eine OH-Gruppe an dem einen Ende, und eine zweite OH-Gruppe am anderen Ende des langen Moleküls.

Ein zweiter wichtiger Unterschied zu gewöhnlichen Glycero-Phospholipiden: Die beiden langen Kohlenstoffketten sind verzweigt. Nicht besonders stark, aber in regelmäßigen Abständen zweigt eine Methylgruppe von der Kette ab.

Kommen wir nun zum wichtigsten Unterschied. Bei diesem Lipid könnte man von einem "Doppellipid" sprechen. Es sieht so aus, als wären zwei Glycero-Phospholipid-Moleküle zusammengewachsen. Dieses Lipid hat zwei hydrophile Kopfregionen und in der Mitte eine große hydrophobe Region.

Wenn solche "Doppellipide" eine Lipid-Doppelschicht bilden, dann besteht diese nicht mehr aus zwei Lagen von Lipiden, sondern nur noch aus einer einzigen Schicht.

Das ist natürlich viel stabiler als ein Gebilde aus zwei locker miteinander verbundenen Mono-Layern. Daher kommen solche Lipide vor allem in den Membranen von Archaeen vor, die in sehr heißen Quellen leben. Ein Prokaryot mit einer Membran aus normalen Lipid-Doppelschichten hätte keine Chance, in einer solchen Umgebung zu überleben. Bei diesen Temperaturen würden die beiden Lipidschichten sofort auseinanderweichen und die Lipid-Moleküle würden sich voneinander lösen.

exotische Membranlipide

Weitere "exotische Membranlipide" finden Sie in dem entsprechenden Lexikon-Artikel auf dieser Homepage.

Quellen:

  1. Stillwell, William. An Introduction to Biological Membranes. Elsevier Science 2016.
  2. Koga Y., Morii H., Recent Advances in Structural Research on Ether Lipids from Archaea Including Comparative and Physiological Aspects. Biosci. Biotechnool. Biochem., 69 (2005).
  3. Nelson, Cox. LEHNINGER Principles of Biochemistry. Macmillan Learning, New York 2021.

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