Helmichs Biologie-Lexikon

Phospholipide

Definition

Phospholipide sind Membranlipide, bei denen ein Phosphorsäure-Rest in der Kopfgruppe vorkommt. Man unterteilt die Phospholipide in zwei große Gruppen, die Glycero-Phospholipide und die Sphingo-Phospholipide.

Die Glycero-Phospholipide (auch Phosphoglyceride genannt) sind Verbindungen, bei denen ein Molekül des dreiwertigen Alkohols Glycerin mit zwei Fettsäure-Molekülen und einem Phosphorsäure-Molekül verestert ist. Der Phosphorsäure-Rest ist dann mit einem polaren organischen Alkohol verestert.

Die Sphingo-Phospholipide bestehen aus einem Sphingosin-Molekül, das mit einem Fettsäure-Molekül und einem Phosphorsäure-Molekül verestert ist. Der Phosphorsäure-Rest ist seinerseits mit einem polaren organischen Molekül verestert.

Bei Bakterien und Pflanzen gehören die meisten Phospholipide zu den Glycero-Phospholipiden, während bei Tieren auch die Sphingo-Phospholipide weit verbreitet sind [4, S. 647].

Glycero-Phospholipide / Phosphoglyceride

Die Glycero-Phospholipide(auch Phosphoglyceride genannt) sind Verbindungen, bei denen ein Molekül des dreiwertigen Alkohols Glycerin mit zwei Fettsäure-Molekülen und einem Phosphorsäure-Molekül verestert ist. Der Phosphorsäure-Rest ist dann mit einem polaren organischen Alkohol verestert.

Das "Musterbeispiel" für Glycero-Phospholipide ist das Lecithin. Korrekterweise müsste man von Lecithinen im Plural sprechen, denn es handelt sich ja um eine ganze Gruppe von Glycero-Phospholipiden, deren Fettsäure-Reste sich unterscheiden können.

Aufbau eines Glycero-Phospholipids mit Cholin als Alkohol
Autor: Ulrich Helmich 2021, Lizenz: siehe Seitenende

Phosphoglyceride

Einzelheiten zum Thema finden Sie auf dieser Seite.

Sphingo-Phospholipide

Die Sphingo-Phospholipide bestehen aus einem Sphingosin-Molekül, das mit einem Fettsäure-Molekül und einem Phosphorsäure-Molekül verestert ist.

Aufbau eines Sphingo-Phospholipids mit Cholin als Alkohol
Autor: Ulrich Helmich 2021, Lizenz: siehe Seitenende

Der Phosphorsäure-Rest ist seinerseits mit einem polaren organischen Molekül verestert. Das Sphingosin-Molekül selbst enthält schon eine lange Kohlenwasserstoff-Kette, die an eine Fettsäure erinnert.

Sphingo-Phospholipide

Einzelheiten zum Thema finden Sie auf dieser Seite.

Alkohole in Phospholipiden

Organische Alkohole in Phospholipiden: Cholin, Ethanolamin, Serin und Inositol

Organische Alkohole in Phosphoglyceriden: Cholin, Ethanolamin, Serin und Inositol

Das obige Bild zeigt die Strukturformeln von vier wichtigen Alkoholen, die in den hydrophilen Köpfen von Glycero- wie auch in Sphingo-Phospholipiden vorkommen: Cholin, Ethanolamin, Serin und Inositol. Nicht mit aufgeführt ist ein fünfter Alkohol, nämlich das Glycerin. Tatsächlich kann auch Glycerin als Alkohol in einem Phospholipid auftreten, was dann interessante neue Möglichkeiten bietet, denn das Glycerin-Molekül besitzt ja noch zwei weitere OH-Gruppen, mit denen es wieder andere Moleküle binden kann.

Cholin

Das Cholin spielt nicht nur in Membranlipiden eine wichtige Rolle, sondern ist auch Bestandteil des Neurotransmitters Acetylcholin. Ein Glycero-Phospholipid mit Cholin als Alkohol wird auch allgemein als Phosphatidylcholin bezeichnet. Früher hatte man diese Verbindungen Lecithine genannt. Lecithine sind sehr wichtige Lipide in der Zellmembran eukaryotischer Zellen, und in den meisten Schulbüchern wird ein Lecithin-Molekül als typischer Vertreter der Membranlipide gezeigt. In den Zellmembranen von Prokaryoten kommen Lecithine seltsamerweise überhaupt nicht vor.

Phosphatidylcholine

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Ethanolamin

Ethanolamin ist eine sehr einfach aufgebaute Verbindung. Es handelt sich eigentlich nur um ein Ethanol-Molekül, bei dem ein H-Atom durch eine Aminogruppe ersetzt wurde, die dann noch ein zusätzliches Proton aufgenommen hat. Die Phosphoglyceride, die Ethanolamin als Alkohol eingebaut haben, werden auch als Phosphatidylethanolamine bezeichnet. Diese Lipide sind sehr wichtig für den Aufbau von Zellmembranen.

Phosphatidylethanolamine

Hier geht es zu einer Seite im Biologie-Lexikon, auf der das Thema noch vertieft wird. Phosphatidylethanolamine sind aufgrund ihrer kleinen Kopfgruppe auch für die Krümmung von Membranen zuständig. Auch dieses Thema wird auf dieser Seite erläutert.

Serin

Die Phosphatidylserine bilden eine weitere Gruppe der Phosphoglyceride. Die Phosphorsäure ist hier mit Serin verestert, also mit einer Aminosäure. Interessanterweise werden Phosphatidylserine in den Zellen aus Phosphatidylethanolaminen synthetisiert. Dabei wird durch das Enzym Phosphatidylserin-Synthase einfach der Alkohol Ethanolamin gegen die Aminosäure Serin ausgetauscht. Noch etwas ist interessant an den Phosphatidylserinen: Sie kommen normalerweise nur in der inneren Schicht der Lipid-Doppelschicht vor. Das Enzym Flippase verhindert, dass die Moleküle in die äußere Schicht gelangen. Erst wenn der Zelltod eingeleitet wird (Apoptose der Zelle), sorgt ein anderes Enzym dafür, dass Phosphatidylserine in die äußere Zellschicht gelangen. Makrophagen des Körpers erkennen dies und beginnen, die sterbenden Zellen zu fressen (Phagocytose).

Phosphatidylserine

Auf dieser Lexikon-Seite gibt es weitere Informationen zum Thema.

Inositol

Inositol ist ein sechswertiger zyklischer Alkohol, der mit Zuckern wie Fructose und Glucose verwandt ist, allerdings ist Inositol kein Zucker, denn die Verbindung besitzt keine Carbonylgruppe. Die Phosphatidylinositole gehören ebenfalls zu den Phosphoglyceriden und sind wichtige Bestandteile der Lipid-Doppelschicht.

Phosphatidylinositole

Auf dieser Lexikon-Seite gibt es weitere Informationen zum Thema.

Glycerin

Auch ein weiteres Glycerin-Molekül kann an die Phosphorsäure gebunden sein, ein solches Phospholipid bezeichnet man dann als Phosphatidylglycerol.

Da dieser Glycerin-Rest noch zwei weitere OH-Gruppen hat, ist es denkbar, dass die Phosphatidylglycerole noch zwei Fettsäure-Moleküle zusätzlich aufnehmen, es würden dann recht komplexe Phospholipide entstehen:

Ein komplexes Phosphatidylglycerol-Molekül
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: siehe Seitenende

Bei den Cardiolipinen ist die Sache noch komplizierter: An die Phosphorsäure des Phospholipids ist Glycerin als Alkohol gebunden, und an dieses zweite Glycerin-Molekül ist ein zweiter Phosphorsäure-Rest gebunden, der dann seinerseits mit einem dritten Glycerin-Rest verknüpft ist, der schließlich mit zwei Fettsäuren verestert ist.

Cardiolipine

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Fettsäuren in Phospholipiden

Fettsäuren

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Es gibt sehr viele Fettsäuren, die sowohl in Glycero- wie auch in Sphingo-Phospholipiden vorkommen können. Die folgende Abbildung zeigt nur eine kleine Auswahl:

asdf

Vier Fettsäuren, die in Phospholipiden vorkommen können

Achten Sie auf die Raumstruktur dieser Fettsäuren! Die gesättigten Fettsäuren sind recht gerade und langgestreckt, während die ungesättigten Fettsäuren einen "Knick" im Molekül haben. Das liegt daran, dass die C=C-Doppelbindungen einer Fettsäure stets in der cis-Form vorliegen. Bei den Transfettsäuren liegen die Doppelbindungen in der trans-Form vor, diese Fettsäuren haben dann keinen "Knick". Aber Transfettsäuren kommen nur recht selten in Biomembranen vor.

Für die Zellmembran hat der Anteil ungesättigter Fettsäuren weitreichende Konsequenzen. Je mehr ungesättigte Fettsäuren in den Phospholipiden (und in den anderen Membranlipiden) vorkommen, desto "flüssiger" ist die Lipid-Doppelschicht. Wegen der unregelmäßigen Raumgestalt ist die Kontaktfläche zwischen ungesättigten Fettsäuren kleiner als die zwischen gesättigten Fettsäuren. Von der Größe der Kontaktfläche hängt wiederum die Stärke der van-der-Waals-Kräfte ab, die zwischen den Fettsäuren herrschen. Und je stärker die van-der-Waals-Kräfte sind, desto stabiler und unflexibler ist die Zellmembran.

Lebewesen in kalten Gegenden haben daher einen höheren Anteil ungesättigter Fettsäuren in ihren Membranlipiden als verwandte Lebewesen in wärmeren Gegenden.

Bildung der Glycero-Phospholipide

Damit ein Glycero-Phospholipid-Molekül entstehen kann, werden folgende Komponenten benötigt:

  1. Ein Glycerin-Molekül
  2. Zwei Fettsäure-Moleküle
  3. Ein Phosphorsäure-Molekül bzw. ein Phosphat-Rest
  4. Ein polarer Alkohol

Das folgende Bild stellt schematisch die Synthese eines Phosphoglycerids dar:

Bildung eines Phosphoglycerids
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende.

Das Glycerin, die Fettsäuren und die polaren Alkohole sind mehr oder weniger frei verfügbar, der Phosphat-Rest dagegen entstammt einem Molekül CDP (Cytidindiphosphat). Vielleicht haben Sie schon einmal von ATP gehört, der Energiewährung der Zelle. Ein ATP-Molekül besitzt drei Phosphat-Reste. Durch Abgabe eines Phosphat-Restes entsteht ADP (Adenosindiphosphat). Das CDP besitzt auch zwei Phosphatreste. Bei der Synthese eines Phospholipids wird nun einer dieser beiden Phosphatreste an das Glycerin-Molekül abgegeben, übrig bleibt CMP, also Cytidinmonophosphat.

In Wirklichkeit ist die Biosynthese von Glycero-Phospholipiden noch etwas komplizierter. Wer sich dafür interessiert, schaut sich mal die Wikipedia-Seite "CDP-Cholin" an.

Anteile in der Zellmembran

Die Phospholipide sind in der Zellmembran asymmetrisch verteilt, das heißt, die Anteile der einzelnen Lipide sind in den beiden Schichten der Lipid-Doppelschicht unterschiedlich.

Die Membran von Erythrocyten besteht zu 30% aus Phosphatidylethanolamin (80% davon in der Innenschicht), zu 27% aus Phosphatidylcholin (Lecithin) (knapp 80% davon in der Außenschicht), zu 23% aus Sphingomyelin (über 80% in der Außenschicht) und zu 15% aus Phosphatidylserin (über 80% in der Innenschicht) [3].

Die Membranen der Mitochondrien bestehen zu 35% aus Phosphatidylethanolamin, zu 2% aus Phosphatidylserin und zu 39% aus Phosphatidylcholin (Lecithin). Cholesterin kommt nur zu 3% in der Mitochondrienmembran vor [4].

Die Membranen der Zellen der Myelinscheide (die Zellen, die die Axone der Nerven umgeben, um diese zu isolieren) bestehen zu 22% aus Cholesterin, zu 15% aus Phosphatidylethanolamin, zu 9% aus Phosphatidylserin und zu 10% aus Phosphatidylcholin. Außerdem kommen Sphingomyelin zu 8% und Glycolipide zu 28% in der Membran vor [4].

Die Membranen von Leberzellen (Säugetiere) bestehen zu 45-55% aus Phosphatidylcholin (Lecithin), zu 15-25% aus Phosphatidylethanolamin, zu 10-15% aus Phosphatidylinositol, zu 5-10% aus Phosphatidylserin, zu 2-5% aus Cardiolipin, zu 5-10% aus Sphingomyelin und zu 10-20% aus Cholesterin [5].

Man sieht also, dass Membranen verschiedener Zellen durchaus eine völlig unterschiedliche Lipid-Zusammensetzung haben können, wobei sich auch noch die Zusammensetzung von Innenschicht und Außenschicht erheblich unterscheiden kann.

Quellen:

  1. Lodish et al. Molecular Cell Biology, New York 2004
  2. Nelson, Cox. LEHNINGER Principles of Biochemistry. Macmillan Learning, New York 2021.
  3. Luckey, Membrane Structural Biology, 2. Auflage, Cambridge University Press 2014.
  4. Alberts et al. Molekularbiologie der Zelle, 6. Auflage, Weinheim 2017.
  5. Stillwell, An Introduction to Biological Membranes. Elsevier Science 2016.