Helmichs Biologie-Lexikon

Cytosol

Das Cytoplasma oder Zellplasma einer eukaryotischen Zelle besteht aus dem Cytosol, dem flüssigen Grundstoff des Cytoplasmas (Grundplasma), mit dem darin enthaltenen Cytoskelett sowie den Organellen und dem Zellkern.

Allgemeines, Zusammensetzung

Das Cytosol besteht zu 70% aus Wasser. Darin gelöst sind zahlreiche Moleküle und Ionen. Vor allem Proteine sind im Cytosol enthalten, sie machen 20 bis 30% des Cytosols aus. Aber auch viele kleine Moleküle sind im Cytosol enthalten, manche Quellen sprechen von bis zu 200.000 verschiedenen Molekülen im Cytosol einer Pflanzenzelle.

Ionenverhältnisse

Na+, K+-, Ca2+- und andere ATP-getriebene Ionenpumpen der Zellmembran halten ein spezielles Ionenmilieu im Cytosol aufrecht. Während das extrazelluläre Medium reich an Na+-, Ca2+- und Cl--Ionen ist, liegen im Cytosol vor allem Kalium-Ionen K+ und organische Anionen im Cytosol vor, vor allem Protein-Anionen. Die Konzentration an Na+- Ca2+- und Cl--Ionen ist im Cytosol dagegen sehr klein.

Beispiel Nervenzelle

Während die Na+-Konzentration im Außenmedium (extrazelluläre Flüssigkeit) um die 145 mmol/l liegt, beträgt sie im Cytosol einer menschlichen Nervenzelle nur ca. 12 mmol/l. Umgekehrt liegt die Konzentration der K+-Ionen im Außenmedium bei 4 mmol/l, im Cytosol dagegen bei 155 mol/l.

Beispiel Pflanzenzelle (Nitella translucens, Internodialzellen)

Die Na+-Konzentration im Cytosol beträgt nur 14 mmol/l, im Außenmedium (Süßwasser) ist die Na+-Konzentration mit nur 1,0 mmol/l deutlich niedriger. Auch die K+-Konzentration ist mit 0,1 mol/l im Außenmedium sehr gering, während sie im Cytosol der Internodialzellen Werte von 119 mmol/l erreicht. Interessant ist auch die Cl--Konzentration im Cytosol, sie liegt bei relativ hohen 65 mmol/l [5].

Isolierung des Cytosols durch Ultrazentrifugation

Wenn man das Cytosol von Zellen isolieren möchte, muss man die Zellen homogenisieren und dann zentrifugieren. Bei der sogenannten differenziellen Zentrifugation zentrifugiert man die homogenisierten Pflanzenzellen zunächst bei "langsamen" Drehgeschwindigkeiten unter 10.000 Umdrehungen pro Minute. Zellkerne, Plastiden und andere schwere Komponenten der Zelle sinken dabei nach unten. Der Überstand wird abgetrennt und erneut zentrifugiert, diesmal aber mit deutlich höherer Geschwindigkeit. Jetzt sinken leichtere Zellbestandteile nach unten, Mitochondrien, Mikrosomen, Teile des ER und so weiter. Der Überstand wird wieder abgetrennt und dann bei ca. 100.000 g zentrifugieren (das ist das Hunderttausendfache der Erdbeschleunigung!). Alle kleinen und winzigen Komponenten, die noch übrig geblieben sind, sinken jetzt nach unten, und übrig bleibt das Cytosol.

Sol- und Gel-Zustand

Oft kann man in dem Cytosol zwei verschiedene Zustände beobachten. In den äußeren Bereichen der Zelle ist das Cytosol relativ viskos (dickflüssig). Man spricht hier auch von einem gelartigen Zustand. Verursacht wird die hohe Viskosität durch Actin-Filamente.

Actin ist ein Protein, das für die Stabilität der Zelle mitverantwortlich ist; es ist ein Bestandteil des Cytoskeletts und eines der fünf häufigsten Proteine in Eukaryoten.

Vor allem die Actin-Filamamente unterliegen einer ständigen Veränderung, wie moderne mikroskopische Verfahren mit Fluoreszenzfarbstoffen gezeigt haben. Die Filamente werden ständig aus ihren Monomeren aufgebaut und oft gleichzeitig am anderen Ende wieder abgebaut. Liegen viele vernetzte Actin-Filmamente vor, ist das Cytosol sehr viskos und befindet sich im Gel-Zustand. Liegen nur kurze und wenig vernetzte Actin-Filamente vor, haben wir den Sol-Zustand vorliegen.

Vor allem die äußeren Bereiche des Cytosols befinden sich meistens im dickflüssigen Gel-Zustand, während das weiter innen liegende Cytosol dünnflüssiger ist: Sol-Zustand [1, 6]. Hier findet man oft auch eine sogenannte Plasmaströmung, die man auch unter einem guten Lichtmikroskop beobachten kann. Diese Plasmaströmung kommt mit Hilfe von Myosin-Motoren zustande und dient vor allem zum schnellen Transport von Stoffen von A nach B innerhalb der Zelle.

Actin

Auf dieser Lexikonseite wird das Protein Actin ausführlich vorgestellt.

Stoffwechselprozesse im Cytosol

Aus dem Biologieunterricht der Oberstufe haben Sie sicherlich schon einmal etwas von der Glycolyse gehört, die auch auf dieser Homepage ausführlich erläutert wird.

Glycolyse

Dieser Link führt zur Startseite des Glycolyse-Abschnitts. Dieser Abschnitt besteht aus vielen Webseiten, auf denen jeder Schritt der Glycolyse ausführlich erläutert wird.

Wenn genügend Glucose zur Verfügung steht, mehr als für die Glycolyse gerade benötigt wird, werden Stärke-Moleküle gebildet. Auch dieser Vorgang findet im Cytosol statt.

Auch der sogenannte Pentosephosphat-Zyklus läuft im Cytosol ab [1]. Hier werden, ausgehend von Glucose, zwei wichtige Produkte erzeugt. Einmal werden Pentosephosphate hergestellt, unter anderem Ribose-5-phosphat als Bestandteil des RNA-Rückgrats und daraus Desoxyribose-5-phosphat als Bestandteil des DNA-Rückgrats. Außerdem liefert der Pentose-Phosphat-Zyklus Reduktionsäquivalente, nämlich NADPH, das als Wasserstoff-Überträger eine wichtige Rolle in vielen Stoffwechselprozessen spielt [3]. In pflanzlichen Zellen ist NADPH für die Photosynthese wichtig, in menschlichen Zellen spielt NADPH bei der Fettsäuresynthese, bei der Cholesterinsynthese und bei vielen anderen Prozessen eine entscheidende Rolle [4].

Der Harnstoff-Zyklus, der Abfallstoffe wie Ammoniak beseitigt, findet zum Teil im Cytosol statt.

Proteinsynthese und -abbau

Ebenfalls aus dem Biologieunterricht der Oberstufe kennen Sie die Proteinsynthese. Die ersten beiden Schritte der Proteinsynthese (Transkription und Splicing) finden im Zellkern statt, der dritte Schritt, die Translation, läuft im Cytosol an den Ribosomen ab, und die posttranslationale Modifikation der Proteine (zum Beispiel Anhängen von Zuckerresten, Bildung von Disulfid-Brücken etc.) findet im Innern des endoplasmatischen Reticulums und des Golgi-Apparates statt.

Viele Proteine der Mitochondrien und Chloroplasten werden auch im Cytosol hergestellt, weil sich die entsprechenden Gene im Zellkern befinden. Nur wenige Proteine der Mitochondrien werden in den Mitochondrien selbst synthetisiert, das Gleiche gilt für die Chloroplasten.

Auch der Abbau von nicht mehr benötigten oder fehlerhaft produzierten Proteinen findet im Cytosol statt. Winzige Gebilde, die als Proteasomen bezeichnet werden, sind für diesen Abbau zuständig [1].

Das Cytosol als Pufferlösung

Der pH-Wert des Cytosols liegt meistens im neutralen Bereich, also so um den Wert 7. Allerdings werden bei vielen Stoffwechselprozessen wie zum Beispiel der Atmungskette oder der Lichtreaktion der Photosynthese oft Protonen gebunden bzw. freigesetzt. Auch aufgenommenes CO2 kann den pH-Wert des Cytosols verändern.

Das Cytosol ist aber eine Art Pufferlösung. Unter einer Pufferlösung versteht man eine Lösung, die ihren pH-Wert nur minimal ändert, wenn man eine Säure oder eine Lauge dazugibt.

Pufferlösungen enthalten immer eine bestimmte Konzentration einer Säure sowie eine ungefähr gleiche Konzentration des Säure-Anions. Erhöht sich nun durch Vorgänge in der Zelle die Protonenkonzentration im Cytosol, binden die negativ geladenen Säure-Anionen diese positiv geladenen Protonen. Verringert sich dagegen die Protonenkonzentration im Cytosol, weil irgendein Stoffwechselvorgang plötzlich viele Protonen benötigt, geben die Säure-Moleküle dieses Puffers die gebundenen Protonen wieder ab, so dass auch hier der pH-Wert weitgehend konstant bleibt.

Im Cytosol sind viele Proteine gelöst, es entstehen ja auch ständig neue Proteine durch die Translation. Die Tertiärstruktur eines Proteins kann sich aber mit zu- oder abnehmendem pH-Wert stark verändern. Von dieser Veränderung kann auch das aktive Zentrum eines Enzyms betroffen sein, dass dann nicht mehr perfekt nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip arbeiten kann. Die meisten Enzyme haben ein bestimmtes pH-Optimum, also einen pH-Wert, bei dem sie am besten arbeiten. Auch das ist ein Grund, warum sich der pH-Wert des Cytosols nicht merklich ändern sollte und wieso das Cytosol gut gepuffert ist.

Quellen:

  1. Plattner, Hentschel. Zellbiologie, 5. Auflage. Stuttgart 2017.
  2. engl. Wikipedia, Artikel "Actin"
  3. Doccheck Flexikon, Artikel "Pentosephosphat-Zyklus"
  4. Doccheck Flexikon, Artikel "NADP".
  5. Mohr, Schopfer. Lehrbuch der Pflanzenphysiologie, 3. Auflage 1978
  6. Kadereit , Körner, Nick, Sonnewald: Strasburger - Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften, 38. Auflage, Springer Berlin Heidelberg 2021.
  7. Weckwerth. "Metabolomics in systems biology". Annu Rev Plant Biol. 54 (2003): 669–89.