Helmichs Chemie-Lexikon

Propan-2-ol

Alkanole: Methanol - Ethanol - Propan-1-ol / 2-ol - Butanole
C3-Gruppe: Propan - Propen - Propan-1-ol / -2-ol - Propanal - Propanon - Propansäure

 
Brandfördernd Ätzend Reizend  

1. Einführung

Propan-2-ol C3H7-OH ist das Isomer des dritten Glieds in der homologen Reihe der Alkanole nach Methanol und Ethanol. Gleichzeitig ist Propan-2-ol der einfachste sekundäre Alkohol.

2. Strukturdaten

Das Propan-2-ol-Molekül
Autor: Ulrich Helmich 2025, Lizenz: Public domain

Die Bindungswinkel und Bindungslängen wurden mit der Messfunktion der Software Avogadro ermittelt, nachdem zuvor die energetisch günstigste Konformation erzeugt wurde.

Die zwei relevanten Bindungswinkel C-C-C und C-C-O weichen mit 110,8º und 109,0º geringfügig vom Tetraederwinkel 109,5º ab, was auf die gegenseitige Abstoßung der Elektronenwolken zurückgeht.

Die Bindungslängen zwischen den C-Atomen betragen 153 pm, die Bindungslänge der O-H-Bindung liegt bei nur 140 pm. Die O-H-Bindung hat eine Länge von 99 pm, die C-H-Bindungen sind 111 pm lang - jedenfalls nach Avogadro.

3. Physikalische Eigenschaften

3.1 Schmelz- und Siedepunkte

Der Schmelzpunkt von Propan-2-ol liegt bei -88 ºC und ist damit wesentlich höher als die Schmelztemperatur von Propan-1-ol (-129 ºC). Offensichtlich können die Propan-2-ol-Moleküle ein festeres Kristallgitter bilden als die des Isomers.

Der Siedepunkt liegt bei 82,3 ºC und ist - im Gegensatz zum Schmelzpunkt - niedriger als beim Isomer Propan-1-ol. Dies ist aber leicht erklärbar über die geringere Kontaktfläche der eher "kugelförmigen" Moleküle des Propan-2-ol.

Wie bei allen Alkanolen sind die Werte für die Siedetemperaturen verhältnismäßig hoch, da die Moleküle nicht nur Dipoleigenschaften besitzen (Dipolmoment nur 1,68 D), sondern zudem auch noch H-Brücken untereinander ausbilden können, da die OH-Gruppe sowohl H-Brücken-Donator wie auch H-Brücken-Akzeptor ist.

Wie man beim Vergleich der beiden Propanol-Isomere aber sieht, spielen auch die London-Kräfte eine wichtige Rolle bei den intermolekularen Anziehungskräften. Die London-Kräfte sind beim Propan-2-ol geringer als beim Propan-1-ol, wegen der kleineren Kontaktfläche.

Verbindung Siedetemperatur in ºC
Butan -0,5
Propan-1-ol 97,2
Propan-2-ol 82,3
Ethansäure 118

Die Ethansäure (ähnliche molare Masse wie die Propanole) hat einen noch höheren Siedepunkt als die Propanole, da sie mit der COOH-Gruppe über zwei H-Brücken-Akzeptoren verfügt.

3.2 Löslichkeitsverhalten

Die Wasserlöslichkeit ist sehr groß, Propan-2-ol lässt sich in jedem Verhältnis mit Wasser mischen.

3.3 Weitere Eigenschaften

Propan-2-ol ist bei Zimmertemperatur eine farblose und klare Flüssigkeit mit einer Dichte von 0,78 g/cm3.

Auch die geringere Dichte des Propan-2-ol gegenüber den 0,80 g/cm3 des Propan-1-ol lässt sich mit den geringeren London-Kräften erklären, genau wie bei den Siedetemperaturen.

Der Alkohol riecht leicht süßlich-stechend und erinnert irgendwie an den Geruch in Krankenhäusern und Arztpraxen, weil der dort häufig eingesetzt wird.

Propan-2-ol ist wie alle niederen Alkanole brennbar. Der Flammpunkt liegt bei 12 ºC, die Zündtemperatur beträgt 425 ºC.

4. Gewinnung und Synthese

Rein theoretisch kann Propan-2-ol auf mehrere Weisen hergestellt werden. Die bekanntesten Methoden dürften die Hydratisierung von Propen sowie die Reduktion von Propanal sein, und natürlich dürfte auch die Substitution des Cl-Atoms von 2-Chlorpropan, das man durch Chlorierung von Propan gewinnen kann, eine Möglichkeit sein, Propan-2-ol herzustellen.

4.1 Hydratisierung von Propen

In einer elektrophilen Addition kann Wasser an die C=C-Doppelbindung von Propen addiert werden. Nach Markownikow würde sich zunächst ein Proton an das äußere C1-Atom setzen, so dass ein sekundäres Carbenium-Ion entsteht. Die OH-Gruppe würde sich dann an das mittlere C-Atom setzen. Die Ausbeute an Propan-2-ol ist dabei sehr hoch. Dies ist einer der Gründe, warum sich vor allem dieses Verfahren in der Industrie durchgesetzt hat.

4.2 Reduktion von Aceton

Theoretisch ist dieses Verfahren wohl möglich, wird in der Praxis aber nicht angewendet.

Bei einer Internet-Recherche stößt man bei Google als erstes auf den Artikel "Reduktion von Aceton durch Magnesium in Gegenwart von wasserfreiem Aluminiumchlorid" von M.I.Uschakow aus dem Jahre 1929. Dabei entsteht aber kein Propan-2-ol, sondern die Verbindung Pinakol, die sich quasi aus zwei reduzierten Aceton-Molekülen zusammensetzt: 2,3-Dimethyl-butan-2,3-diol. Der Wikipedia-Artikel "Pinacol coupling reaction" beschäftigt sich näher mit diesem Thema.

4.3 Nucleophile Substitution von 2-Chlorpropan

Bei der Reaktionsfolge "Vom Erdöl zum Plexiglas", die in vielen Schulen behandelt wird, gibt es einen Reaktionsschritt, bei dem 2-Chlorpropan mit Kalilauge KOH versetzt wird, um Propan-2-ol zu erhalten, das dann im nächsten Schritt zu Aceton oxidiert wird.

5. Reaktionen

5.1 Oxidation, Verbrennung

Wie alle Alkanole ist auch Propan-2-ol leicht oxidierbar. Bei der Verbrennung entstehen Kohlendioxid und Wasser, bei der Oxidation mit Oxidationsmitteln wie Kupferoxid, Kaliumpermanganat etc. bildet sich die Verbindung Propanon, ein Keton.

Die Oxidation von Propan-1-ol und Propan-2-ol spielt eine wichtige Rolle im Chemie-Unterricht. Beide Alkohole reagieren mit Kupfer(II)oxid. Taucht man ein heißes angeschwärztes Kupferblech in jeden dieser beiden Alkohole, so wird das schwarze Kupferblech sofort wieder blank. Aus dem Propan-1-ol entsteht der Aldehyd Propanal, aus dem Propan-2-ol das Keton Propanon bzw. Aceton.

5.2 Dehydratisierung

Durch Entzug von Wasser (Eliminierung) kann Propan-2-ol zu dem zweiteinfachsten Alken reagieren, nämlich Propen. In der Schule werden solche Versuche gelegentlich durchgeführt (siehe "Dehydratisierung eines Alkohols"), in der Industrie spielt die Dehydratisierung jedoch so gut wie keine Rolle. Allerdings haben Forscher des Fraunhofer-Instituts ein Verfahren zur Herstellung von Propen aus Propanol entwickelt.

5.3 Substitution

Wenn die OH-Gruppe von Propan-2-ol protoniert wird, kann sie leicht als Wasser-Molekül abgespalten werden, wobei ein sekundäres Carbenium-Ion zurückbleibt. Dieses kann dann ein neues Nucleophil aufnehmen, was zu einer Nucleophilen Substitution führt. Alternativ kann das Carbenium-Ion ein Proton abgeben, was zur Bildung von Propen führt. Im Endeffekt ist dies dann auch eine Dehydratisierung.

Verwendung

Neben seiner Verwendung als Ausgangsstoff für chemische Synthesen findet Propan-2-ol in zahlreichen Bereichen der Industrie, Wirtschaft und im Haushalt Verwendung - oft unter dem Trivialnamen Isopropanol. Der Einfachheit halber schauen wir uns einmal die lange Liste an, die in der Wikipedia (Januar 2025) zu finden ist:

Verwendung von 2-Propanol

Text aus der Wikipedia

  • Hautdesinfektion mit 70%igen 2-Propanol vor Injektionen u. ä.
  • Lösungsmittel für Fette, Harze, Lacke, Tinte
  • Extraktion und Reinigung von Naturprodukten
  • Lösungsmittel zur Kristallisation und Reinigung organischer Substanzen
  • Ausfällen (Präzipitation) von Nucleinsäuren aus wässrigen Lösungen
  • Reinigungsmittel (Fettlöser) in Industrie und Haushalt (zum Beispiel in Brillenputztüchern)
  • Lösungs- und Verdünnungsmittel in kosmetischen und pharmazeutischen Zubereitungen
  • Zusatz zu Frostschutzmitteln im Kühlsystem oder in der Scheibenwaschanlage in Autos und LKW
  • Bestandteil von Türschloss- und Autoscheibenenteisern
  • Bestandteil sogenannter Kraftstoffsystemreiniger, die dem Treibstoff von Kraftfahrzeugen beigegeben werden, um Rückstände und Wasser im System zu lösen
  • Zusatz in Offsetdruckmaschinen mit Alkoholfeuchtwerken, um die Oberflächenspannung des Feuchtmittels herabzusetzen (sogenannter "Wischwasserzusatz")
  • Herstellung von Desinfektionsmitteln (wirkt bakterizid, fungizid und begrenzt viruzid)
  • Entschäumungsmittel
  • Edukt in der Meerwein-Ponndorf-Verley-Reduktion von Aldehyden oder Ketonen
  • Herstellung von Isopropylamin
  • Edukt in der Synthese von Sarin
  • Zum Nassabspielen von Schallplatten: 50 % Isopropanol gemischt mit 50 % destilliertem Wasser
  • Zum Entfernen von Fett-, Schmier- und Silikonrückständen bei der Lackaufbereitung an Fahrzeugen. Mischung verdünnt mit bis zu 50 Prozent Wasser
  • Zur Reinigung optischer Flächen (Objektive und Okulare), insbesondere in der Mikroskopie: 15 % Isopropanol mit 85 % n-Hexan (Empfehlung der Carl Zeiss Microimaging GmbH)
  • Reinigung von gelöteten Leiterplatten und zum Entfernen von Flussmittelrückständen (nur alkoholbasierende Flussmittel)
  • Entfernung der Schwitzschicht (nach Aushärten unter UV-Licht) bei der Nagelmodellage
  • Beim Hydraulic Fracturing dient es als Korrosionsschutzmittel in den eingesetzten Fracfluiden
  • Als Alkoholkomponente in Nebelkammern
  • Konservierung von Feuchtpräparaten

Quellen:

  1. Römpp Chemie-Lexikon, 9. Auflage 1992
  2. Wikipedia-Artikel "2-Propanol"